Von einem Leben in Muße oder Müßiggang – statt sinnvollem Maßhalten – und von wahrer Begeisterung – statt reiner Vernunft
Oder: Warum – je nach geistigem Horizont und materiellem Besitz bzw. Reichtum (oder auch der aktuellen Stimmungslage) – heitere Gelassenheit einige angespannte oder von ihrem Leben enttäuschte Menschen anzieht und in freudige Erregung versetzt, also anregt, während sie andere Menschen abstößt bzw. aufregt, also auf völlig andere Nerven geht
Es mag verlockend klingen: Das „pure Leben“. Vor allem, wenn wir es mit all den Dingen oder Möglichkeiten verbinden, die Menschen sich im Laufe der Menschheitsgeschichte künstlich geschaffen haben, um sich das Leben schöner, leichter erträglich oder bequem und vermeintlich sicher zu machen (vor allem, wenn es ihnen gerade besonders schlecht erging und/oder sie von Zukunftsängsten geplagt wurden).
Ein wirklich freies, unabhängiges Leben bedeutet allerdings, immer wieder auch schmerzhafte Erfahrungen damit machen zu „müssen“ bzw. können, dass etwas, was man – vermeintlich, weil es ein menschliches Begehren bzw. Such(t)verhalten erweckt – braucht, nicht da ist oder fehlt. Daraus lernen wir, wie wir „Mangelerscheinungen“ zukünftig vermeiden, also hinterfragen können, was wir wirklich – essentiell – zum Leben brauchen und was im Grunde „purer Luxus“ bzw. „reine Gier“ ist.
Das eigene Leben gefährdet sowohl, wer sich aufgrund von körperlichen, geistigen oder seelischen Belastungen oder Einschränkungen nicht selbstständig versorgen kann, als auch, wer sich nicht sinnvoll auf „Hungerzeiten“ vorbereitet hat, also in der Lage ist, zur Not auch leicht fasten und damit Verzicht üben und mit wenig/er auskommen zu können.
Für soziale Gemeinschaften, in denen jedes Individuum zählt, bedeutet das, andere bestmöglich vor Leid und Gefahren für ihr Leben zu schützen. Einen „gesicherten Rahmen“ bieten und Menschen nicht unnötig vielen Lebensrisiken auszusetzen widerspricht heute allerdings der verbreiteten (Verkaufs-/Marketing-)Strategie, Menschen sogar gezielt dazu zu verlocken, sie einzugehen – indem man ihnen (medial) vermittelt, dass ihnen etwas Entscheidendes in ihrem Leben fehlt.
Die Sehnsucht nach einem „einfacheren“ – gefahr- und sorgenlosen – Leben macht Menschen entweder kreativ oder zu dankbaren Abnehmern oder Abnehmerinnen von Produkten oder Dienstleistungen, die es ihnen versprechen, es aber erschweren, lebensgefährliche Wechselwirkungen mit den bereits „konsumierten“ abschätzen zu können.
Es ist offensichtlich, welche Regierungen (oder Unternehmen) – unter dem Deckmantel eines „Sozialstaates“ oder „freien Marktes“ – mit „Versicherungen“ oder anderen „Sozialleistungen“, mit Krediten und den verschiedensten Angeboten – dafür werben, (Lebens-)Risiken einzugehen, ums sich dann davor schützen zu können.
Die eigene Gesundheit freiwillig schädigen, die Natur nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen oder Mitmenschen – unter Vorspiegelung einseitig betrachteter bzw. berechneter Tatsachen – betrügen vor allem Menschen, die denken, sie würden sich oder anderen damit helfen und ihr Leben auf Dauer oder zumindest in der Zukunft leichter machen (während sie stattdessen Straftaten begehen bzw. sich in eine Schuld begeben, die irgendwann – von ihnen oder für sie – beglichen werden muss).
Alles, was Menschen im Laufe ihres Leben tun, auf was sie hingearbeitet haben oder für das sie weiterhin arbeiten, um es so gut es geht zu genießen, möglichst ohne anderen dabei zu schaden, hinterlässt Spuren in der Welt, die vielleicht nicht so leicht wieder zu beseitigen sind (weil sich auch andere davon haben inspirieren oder nachhaltig beeinflussen lassen).
Unser Leben besteht nicht nur aus dem aktuellen Moment, auch wenn nur der es ist, den wir fühlen oder auf den wir gerade Einfluss nehmen können.
Unser aller Leben ist die Aneinanderreihung unzähliger Momente, in denen wir uns entschieden haben, unserem Gefühl zu folgen und etwas – in Erwartung eines Erfolgserlebnisses für uns – zu tun oder lieber sein zu lassen, weil wir uns bewusst waren, dass es unangenehme Folgen für uns oder andere haben könnte. Was uns aktuell belastet und uns das Leben (unnötig) schwer macht, hat – genauso wie unsere Sehnsucht nach einem besseren, leichteren Lebensgefühl – seine Ursachen in unserer Vergangenheit, die uns immer begleiten wird: dem, was wir – aus unserem Gefühl oder mit einer bestimmten Absicht – heraus getan oder befolgt haben, weil andere uns dazu geraten haben.
Das reine Leben braucht auch immer wieder eine Reinigungszeit – denn selbst da, wo mit einfachsten Mitteln, umweltfreundlich auf nachhaltige Weise gehobelt wird, fallen Späne, also Abfälle an; und auch alles Gute kann eine toxische Dosis erreichen, wenn es zu viel angewandt wird. Begeisterten „Puristen“ (oder „Puristinnen“), die tatsächlich (noch) glauben, ihr Leben in einer Welt, in der alles miteinander zusammenhängt, hätte keinen oder nur einen guten Einfluss auf andere, zeigen sich häufig wenig zurückhaltend, umsichtiger oder rücksichtsvoller gegenüber anderen, die sich (noch) wohlfühlen in einer Welt der Vielfalt (von Kunststoffen und Künsteleien).
Die Geschichte des Lebens der Menschen ist eine lange, und es braucht Zeit, sich von den Altlasten zu befreien, die uns unsere Vorgängergenerationen hinterlassen haben, bzw. deren Schuld(en) abzuarbeiten, in die sie sich aus fehlendem Wissen bzw. aus Mangel an Lebenserfahrung oder in „schwachen Momenten“ begeben haben, in denen ihre Vernunft ausgeschaltet war, weil ihr (Mit-)Gefühl die Führung übernommen hatte.
Mit dem heutigen Wissen wäre es meiner Meinung nach längst möglich, all das zurückzubauen bzw. sinnvoll zu recyceln, was uns andere (vor uns) als lebensnotwendig verkauft oder – un- oder abgenutzt hinterlassen haben. Wir sind dazu in der Lage, unsere Ansprüche und Erwartungen „zurückzuschrauben“, in der Hoffnung bzw. dem Vertrauen, dass alles besser wird, wenn wir auf vieles von dem verzichten, was bisher unsere Umwelt „zugemüllt“ hat.
Um ein reines, unverfälschtes Leben führen, sich vielleicht sogar endlich einmal „richtig“ lebendig fühlen zu können, müsste zuerst einmal der eigene Organismus – Kopf und Bauchorgane sowie der Brustkorb, also Lunge und Herz – mitsamt seiner Extremitäten – Armen und Beinen bzw. Händen und Füßen – entgiftet, also von den Spuren der Vergangenheit gereinigt werden. Niemand muss tun, was er oder sie nicht tun möchte (auch wenn es möglich wäre). Die Natur reinigt sich, völlig ohne dass Menschen bereit dazu sind oder dabei mithelfen, immer irgendwann auch ganz von alleine von all denen, die sie zu sehr verschmutzt haben: Sie ersticken in ihrem eigenen Müll oder an den Abgasen, die sie produzieren, oder vergiften sich anders daran (völlig unabhängig davon, ob Menschen sich gegenseitig einreden, dass Viren oder andere natürlichen bzw. künstlich von Menschenhand geschaffene Mikroorganismen die Auslöser tödlicher Atemwegserkrankungen seien, oder nicht).
Sollten dabei aus Versehen – weil sie sich nicht weit genug distanziert aufgehalten haben – auch andere mit hinein gezogen werden und „unschuldig“ mit zugrunde gehen, obwohl sie versucht haben, die „schleichende Vergiftung“ lebender Generationen zu verhindern, hat sie – im Gegensatz zu Menschen (mit ihrer begrenzten Lebenszeit) – genug Zeit, ihr „Spiel um Leben und Tod“ so lange in natürlichen, zyklischen Wiederholungen weiter zu treiben, bis es einer Gruppe („neuer Menschen“?) gelingt, gemeinsam einen nachhaltigen Ausstieg daraus heraus zu finden: sowohl auf spirituell-geistiger und seelisch-emotionaler als auch auf körperlich–materieller Ebene.
P.s.: Ein unendlich großes, reales Universum – ohne feste Materie, also bereinigt von festen, (bi-)polaren Körpern, und dafür mit unbegrenzten, rein energetischen Möglichkeiten – kann es meiner Meinung nach nicht geben. Damit würde das Gefühl für Maße schwinden und es kein echtes Bewusstsein für sie und ihre Grenzen geben können, höchstens Traumvorstellungen oder –welten davon, was Lebewesen sich mit ihrem Geist für sich selbst und/oder ihr eigenes Leben wünschen würden.
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Dank für das Foto gebührt Marvin Meyer (auf Unsplash)!