In vino veritas

Für jeden Geschmack eine eigene – schmerzhafte oder manchmal auch befreiende – Wahrheit

Für mich liegt die Wahrheit im Wein darin, dass er Betrunkene dazu bringt, unter Alkoholeinfluss den Mut aufzubringen, offen und ehrlich auch über ihre Gefühle zu reden bzw. das auszusprechen, was sie sich vorher nicht gewagt haben (als sie sich noch rechtzeitig auf die Zunge beißen konnten).
Für mein Verständnis schädigen Wein und andere Alkoholika in erster Linie Nerven, vor allem im Dünndarm, aber auch im Gehirn, weshalb sie Kopfschmerzen bereiten – als Preis dafür, dass Menschen wichtige(re) Dinge entweder vergessen woll(t)en oder sich für so wichtig gehalten haben, etwas, was sie vollbracht haben, hinterher ausschweifend feiern zu „müssen“.
Für mich macht es keinen (biologischen) Sinn, sich Alkoholkonsum – oft verniedlicht als ein ein Wein-, Bier– oder anderes Schöppchen – schön reden zu wollen als „kulturelles Gut“ oder „in Maßen gesundheitsförderlich“. Er ist – wie jeder Genussmittelge- oder -missbrauch – eine menschliche Schwäche, mit der sich Menschen hin und wieder besser, also stärker fühlen als sie tatsächlich sind, also ein Unwohlsein im eigenen Körper – wie eine Krankheit – beseitigen wollen.
Wein oder Alkohol generell ist nichts anderes als eine Droge, also ein Wirkstoff, keine – (wieder-)aufbauende) – Nahrung für der Körper, auch wenn der eigene (Zeit-)Geist das anders empfinden mag. So lange geistige und/oder körperlichen Abbauerscheinungen noch so wenig sichtbar sind, dass sie leicht geleugnet werden können, und auch die (gesellschaftliche) kognitive Dissonanz – zwischen Selbstwahrnehmung und dem, was völlig nüchtern und/oder ohne Entzugserscheinungen wahrgenommen werden könnte bzw. zwischen der Beurteilung von Alkohol als „gesundheitsfördernd“ und dem, was kranke Menschen zum Gesundwerden oder gesunde Menschen zum Gesundbleiben wirklich bräuchten – als „normal“ betrachtet wird, werden Menschen, denen die Wahrheit (über Alkohol und andere Drogen) nicht gefällt, wohl weiter in ihrem (regel- oder unregelmäßigen, von Lust und Laune bestimmten) Dämmer- oder auch „Ausnahmezustand“ leben.

Die Menschheit ist schon aus vielen wieder aufgewacht, hat sie also überlebt und – mehr oder weniger – hinter sich gelassen, solange den Menschen bewusst war, wie dumm sie waren, etwas zu glauben, was im Grunde ganz einfach widerlegt werden kann. Allerdings schlafen viele einfach zu gerne oder genießen es, sobald sie es sich dort einmal gemütlich gemacht haben, im Dunkel (der Vergangenheit) zu verweilen, als dass es ihnen Recht wäre bzw. nicht (in den Augen, Ohren oder anderen Sinnesorganen) wehtun würde, wenn jemand einfach

  • das Licht (in ihrer mehr oder weniger klaren Schattenwelt) einschaltet und ihr den (schönen) Schein nimmt,
  • laut das ausspricht, wovon sie sich betroffen fühlen, oder
  • sonst irgendwie versucht, sie aufzuwecken, um ihnen ihre (falschen) Überzeugungen zu nehmen.

Ich lasse mich auch noch hin und wieder von Gefühlen und Erinnerungen dazu hinreißen, zu Flaschen von Getränken zu greifen, die im Grunde nicht einmal als Nahrungsergänzungsmittel (zu Zeiten, in denen es entweder keine frischen Kräuter, Früchte, Blüten oder Wurzeln oder nicht genug anders einleg- bzw. lagerbare Nahrungsmittel gibt), sondern höchstens kurzzeitig zur „Schmerzbeseitigung“ Verwendung finden sollten.
Manchmal bin auch ich bereit, (nicht nur Geld, sondern auch mit meiner Gesundheit) dafür zu zahlen, dass ich es mir ein bisschen einfacher machen möchte mit der Freude am Leben … – Vor allem wenn zu viele „lebensfrohe“ Menschen um mich herum mir den Spaß daran wirklich verderben, weil sie entweder unachtsam, rücksichtslos oder ohne an Konsequenzen zu denken, mit sich selbst – ihrem Körper und Geist sowie meiner Meinung nach auch mit ihrer Seele – oder mit ihren Kindern, Tieren bzw. mit unser aller Natur umgehen.

Es ist für mich nicht damit getan, es als „völlig normal“ zu bezeichnen, dass Menschen ihre „kleinen Schwächen“, die tödliche Auswirkungen auf sie selbst und andere haben können, solidarisch verharmlosen dürfen, nur um sich selbst nicht schlecht bei dem zu fühlen, was sie tun.
Solange Menschen sterben, weil niemand sie vor echten Gesundheitsgefahren – nicht nur im Alkohol – warnt, werde ich mir vielleicht noch öfters ein „Gläschen Wein“ einschenken „müssen“ und genießen, wie sich die Anspannung in meinem Körper und Geist scheinbar (wenigstens kurzzeitig) verflüchtigt – während ich weiß, dass nur mein Kopf mir suggeriert, dass das so ist; während meine (Gefäß-)Muskeln dadurch nichts darüber lernen, wie sie sich wirklich – selbstständig bzw. -bewusst – entspannen könnten.

Auch ich als Wissenschaftlerin habe mir hin und wieder eine Auszeit vom Denken verdient, in der ich völlig ohne schlechtes Gewissen alles ignorieren kann, was mir zu dem einfällt, was ich vor meinen (inneren) Augen sehe, wenn ich das betrachte, was in dieser Welt um mich herum geschieht: eine für mich oft kaum fassbare Umwelt- und Gesundheitsschädigung bzw. Menschenfeindlichkeit.
„Natürlich“ haben viele Menschen einfach „Wichtigeres“ zu tun als sich um

  • (ihre eigene) Gesundheit,
  • das, was sie anderen als „täglich Brot“ anbieten oder
  • das Überleben unserer Natur zu kümmern…

Ich kann das zwar keineswegs widerspruchslos akzeptieren, also selbst annehmen und auf mir sitzen lassen, aber – Dank Gewöhnungseffekt – immer besser tolerieren, also auch respektieren, wenn Menschen nicht „aus ihrer Haut (bzw. sich den „schlechten Einflüssen“ ihres Umfelds entziehen) können“, sondern sich darin einfach möglichst wohl fühlen wollen.
Ich respektiere ja auch, dass

  • (Frisch-)Fleischfresser zu ihrem Überleben töten müssen,
  • Zecken Blut saugen und
  • trächtige Mückenweibchen stechen, um ihren Nachwuchs ernähren zu können.

Sie alle wissen sicherlich nicht, wie sie anders überleben könnten. Sie haben weder die „Kraft des Geistes“ noch Informationen dazu verfügbar, wie man das eigene (Über-)Leben verändern könnte, oder Möglichkeiten in ihren Händen, sich Alternativen zu dem Leben zu schaffen, das sie bisher geführt haben…
Aber vielleicht träumen sie genauso davon wie Menschen, die noch träumen können, also die Arbeit ihres (Unter-)Bewusstseins nicht schon so lange mit Betäubungs- oder angeblich „bewusstseinserweiternden“ Mitteln gestört haben, dass sie nur noch traumlos schlafen und tagsüber zu müde sind, um ihre eigenen von Hollywood- und anderen Träumen unterscheiden zu können, die ihnen andere – mit ihren ganz eigenen Wahrheiten und (Traum-)Weltvorstellungen – in den Kopf gesetzt haben.

 

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Dank für das Foto gebührt Markus Spiske (auf Unsplash)!

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