Vor sich selbst weglaufen …

… ist meiner Meinung nach so unmöglich, dass niemand Angst haben sollte, von sich selbst abgehängt, einge– oder überholt zu werden. Wir alle wachen jeden Tag wieder mit dem (oder der) auf, wer oder was von dem übriggeblieben ist, wen oder was wir irgendwie, irgendwo, irgendwann vergessen haben – unbewusst oder weil wir es (ihn oder sie) bewusst so lange verdrängt haben, bis er (sie oder es) in unserem Leben keine Rolle mehr spielt bzw. gespielt hat.
Allerdings neigen auch Menschen, die sich bewusst dazu entscheiden, die Vergangenheit in ihrem Bewusstsein ruhen zu lassen, wie alle anderen unbewusst dazu, überall etwas – ein Teil bzw. einen bleibenden Eindruck von sich – hinterlassen zu wollen; vor allem an Orten oder bei Menschen, die eine besondere Bedeutung für sie haben; so lange, bis sie sich am Ende völlig verloren oder aufgelöst haben (ohne zu wissen bzw. verstehen, warum).

Ich habe den Eindruck, dass vor allem Menschen davon betroffen sind,

  • denen schon in ihrer Kindheit ihre natürliche Menschenwürde gewaltsam aberzogen wurde, indem sie sich nicht in dem Tempo entwickeln durften, das sie gebraucht hätten, um gesund „ausreifen“ zu können, sondern vorangetrieben oder – physisch, chemisch oder psychisch – in ihrer Entwicklung gehemmt wurden, oder
  • die sich irgendwann in ihrem Leben haben entmündigen lassen, indem sie die Verantwortung für ihr Leben – ihr Glück oder Unglück, ihre Gesundheit oder ihre Krankheiten – an andere abgetreten und damit auch den Stolz auf sich selbst bzw. den, die oder das, wer oder was sie sind, im Laufe ihres Lebens verloren haben.

Wissenschaftlich nachweisen kann ich es nicht – weil mir dazu nicht nur die Mittel und Wege fehlen, sondern auch die Lust, meine Lebenszeit damit zu „verschwenden“, eine „saubere“, wissenschaftlichen „Standards“ entsprechende Studie daraus zu machen, die nicht von anderen, die meine Vermutung nicht teilen, vermutlich relativ leicht zerlegt werden könnte …
Für mich macht es stattdessen mehr Sinn meinen Körper möglichst oft so zu bewegen, wie es – meiner wissenschaftlich gestützten Meinung und guten Erfahrung nach – von Natur aus für mich bzw. den Homo sapiens, also die natürliche, bio- oder ökologisch betrachtete Art, zu der ich gehöre, vorgesehen ist: indem ich regelmäßig laufe: Mal gemütlich gehend; mal hüpfend oder tanzend; mal so schnell wie ich kann. Dabei habe ich gelernt, dass es schmerzhaft sein bzw. werden kann, die eigenen Grenzen (zu oft oder über längere Zeit) zu ignorieren und sich nicht vorsorglich immer auch genügend (Erholungs-)Pausen einzuräumen, vor allem, wenn man zusätzlich moderne „Fortbewegungs“- bzw. Verkehrsmittel“ nutzt, die unseren natürlichen Organismus besonders strapazieren.

Wir alle laufen sowohl Gefahr, die Lust an etwas zu verlieren, das wir nur noch aus „Gewohnheit“ tun, ohne uns immer auch wieder neue Ziele zu setzen oder Runden zu drehen, als auch, uns von anderen beeinflussen, „anstecken“ oder dazu „anstiften“ zu lassen, unser eigenes (Wohlfühl-)Tempo zu missachten und ihnen zuliebe (viel) langsamer oder schneller vorwärts zu kommen als wir könnten oder „eigentlich“ durchs Leben gehen wollen würden.

Um herauszufinden, welche Abwechslungen Du brauchst, um Dich nicht unnötig zu einseitig zu belasten oder auszulaugen, so dass Du immer schwerer und langsamer vorwärts kommst oder schneller und unachtsamer wirst, kann ich Dir nur empfehlen, Dich auf möglichst vielen unterschiedlichen Wegen mit unterschiedlichsten Menschen auf unterschiedlichste Weise fortzubewegen. Ich weiß, das widerspricht der gängigen Lehrmeinung, dass wir konsequent bei den Dingen bleiben sollen, die uns – angeblich immer – gut tun. Ich jedenfalls stehe morgens ungern freiwillig auf, wenn ich schon genau weiß, was mir bevorsteht, weil viel zu kurze Beine habe bzw. zu wenig lauffit bin, um dem entgehen zu können.

Glücklicherweise habe ich festgestellt, dass Menschen Herausforderungen notfalls auch be- oder durchstehen können, wenn sie gelernt haben, standhaft zu bleiben bzw. – zusätzlich zum Entspannen bzw. Dehnen der besonders beanspruchten Laufmuskeln – auch Kraft- und Gleichgewichtsübungen machen. Es gibt jedenfalls täglich genug zu tun, um es auf unterschiedlichste Weise anzugehen statt nur darüber nachzudenken, wie man der Realität möglichst schnell, ohne tiefe Abdrücke zu hinterlassen, oder unauffällig, aber vielleicht eindrucksvoll entfliehen kann, und dann bei dem zu bleiben, was sich vorher vielleicht schon ein Mal bewährt hat.

 

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Ein Dank – für das Foto – gebührt Beyza Kaplan (auf pexels.com) und – außerdem – allen Menschen, bei denen ich in meinem Leben etwas habe liegen lassen habe – weil ich unachtsam gegangen bin und/oder mir Dinge, die ich nicht unbedingt zum Leben brauche, nicht so wichtig sind, um sie mir zurückzuholen, sobald mir aufgefallen ist, dass ich sie vergessen habe – und die mich darauf aufmerksam gemacht oder mir mein (einstiges) Eigentum sogar persönlich zurückgebracht haben. Aktuell fehlt mir nichts; aber wer weiß, vielleicht gibt es auch Dinge, an die ich mich allein nie erinnern würde, so dass ich sie gar nicht (mehr) wissen kann?

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