Von kreativer Imaginations- sowie fehlender Vorstellungskraft

Wie Menschen, die sich einbilden, sie wären intelligenter oder verständnisvoller (bzw. vermeintlich mitgefühlsarm oder ungebildeter) als andere schmerzhaft eines Besseren belehrt werden können

Ich wurde in den letzten Jahren von einem Großteil meiner „Kollegen und Kolleginnen im Geiste“, denen ich mich aufgrund einer langjährigen Zusammenarbeit lange sehr verbunden gefühlt habe – also den Menschen, die sich Wissenschaftler oder Wissenschaftlerinnen nennen, aber doch „nur“ glauben, sich auf all das etwas einbilden zu können, was sie gar nicht selbst ausgiebig erforscht, sondern nur von anderen übernommen habent – extrem enttäuscht. Ich hatte mir von den meisten mehr Fähigkeit zur Selbstkritik und Einsicht bzw. gründlichen Revision der „eigenen“ Forschungsergebnisse erwartet als von Menschen, die sich damit – für ihre „Unwissenheit“ oder ihr mangel(be)haf(te)tes Interesse an wissenschaftlicher Forschung) „entschuldigen„, dass man – ihrer Meinung nach – im Prinzip doch nur nur selbst – ohne andere um Rat oder nach ihrer völlig un- oder gut begründeten Meinung fragen zu müssen – wissen könne, was „gut und richtig“ – für das eigene Selbst(bild) – ist, bzw. im Vertrauen auf etwas leben könne, was sie Gott oder (unabwendbares) Schicksal nennen.
In der Rückschau ist es für mich allerdings doch nicht verwunderlich, dass sich – wie in allen Gruppen von Menschen, die sich völlig frei– oder auch (wenn ihnen selbst nichts „Besseres“ eingefallen ist und sie sich darauf verlassen, es anderen gleichzutun) unfreiwillig zusammenfinden und in denen sich (zur sinnvollen Aufgabenverteilung) Untergruppen bilden – auch nach langer Zeit, in denen sich alle einig waren, noch neue „ungewöhnliche“ Gruppendynamiken entwickeln können, die dazu führen können, dass die Gruppe zerfällt. Auch unter den Geradlinigsten gibt es von Natur aus Querschläger und/oder Querdenkerinnen, die sich früher nicht mehr mit allem zufrieden geben, was nicht einstimmig, sondern „nur“ mehrheitlich beschlossen wird. Und jede Diversität oder Meinungsvielfalt kann dadurch „gestört“ werden, dass sich Ähnlichkeiten und/oder (Wiederholungs-)Muster nicht ausschließen lassen, von denen (weil Menschen dazu neigen, sich anzugleichen, vor allem wenn ihnen viel aneinander liegt und sie deshalb viel Zeit miteinander verbringen) einige oder auch nur ein einziges mit der Zeit dominant werden kann – wenn nicht gemeinschaftlich beschlossen wurde, der Ent-Individualisierung gezielt entgegenzuwirken und jeden bzw. jede einzelne immer wieder für die eigenen besonderen – kreativen oder wirkungsvollen – Leistungen bzw. Beiträge zur (wissenschaftlichen oder Glaubens-)Gemeinschaft bzw. Kulturgruppe zu wertschätzen. So ist das Leben bzw. die Ausnahmeregel der Natur, vor allem wenn etwas ausnahmslos oder „eigentlich nur ausnahmsweise“ gelten soll.

Menschen, die unbedingt darauf beharren möchten, dass wir (im Prinzip) alle gleich sind bzw. „funktionieren„, können sich daher nur genauso irren wie andere, die sich nicht vorstellen können, dass sie völlig einzigartig sind. – Denn: An jedem individuellen Ort dieser Erde kann sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nur ein Individuum in einer (ihm) bestimmten – oder nur ihm eigenen Position aufhalten, selbst wenn es andere an, auf oder in sich trägt (bzw. gedanklich neben, über oder unter sich stellt).
Es mag wahr sein, dass wir vieles in unserem Leben noch viel schlechter machen oder uns die Mühe, etwas zu versuchen, auch ersparen könn(t)en. Ich bin allerdings überzeugt, dass die wenigsten wirklich das tun, was sie tun könnten, um ihr eigenes Leben besser zu machen bzw. sich mehr um sich selbst – ihren Körper, ihren Geist und ihre Seele – und das, was sie lieben, persönlich zu kümmern oder wenigstens persönlich dafür zu sorgen, also zu überprüfen, dass es andere tun.

Natürlich kann man

  • anderen glauben, die vertrauenswürdig erscheinen und behaupten, (Er-)Lösungen für alles und alle anbieten zu können (weil sie es am Besten wüssten oder zumindest besser als man selbst wissen könnten) oder die Produkte, die sie dazu anpreisen, sogar mit „Erfolgs-“ oder „Rückgabe-Garantien“ versehen, und
  • hoffen, dass nicht zu viel versprechen und man bei ihnen „in guten Händen“ bzw. auf diese Weise „gut aufgehoben“ ist.

Ich würde stattdessen gerne allen Menschen empfehlen, immer wieder – am besten täglich – kritisch zu sehen bzw. zu hinterfragen, ob das, wovon sie gestern oder bis vor einem Augenblick noch fest überzeugt waren (woran sie geglaubt oder worauf sie gehofft haben), heute überhaupt noch seine „Berechtigung“ hat und eine (prinzipielle oder Allgemein-)“Gültigkeit“ besitzt. Aber ich kann mir vorstellen, dass das für viele Menschen – vor allem diejenigen, für die „ihre Welt“ noch nie zusammengebrochen ist oder die noch nie an ihrem eigenen Verstand gezweifelt haben – eine äußerst schmerzhafte körperliche Erfahrung werden könnte, so dass ich mich dadurch der Körperverletzung (mit-)schuldig machen könnte…
Deshalb erteile ich ungern überhaupt irgendwelche Ratschläge, sondern sage lieber „nur“ laut und deutlich meine Meinung zu allem, was mein Interesse weckt oder mir – meist „unangenehm“ – auffällt. Die wirklich schönen Dinge im Leben machen mich eher sprachlos, so dass ich das Gefühl habe, mir gar keine Meinung dazu bilden zu müssen. Ich berufe mich dann gerne (wissenschaftlich) „nüchtern“ darauf, dass Schönheit – wie alles im Leben – ohnehin vergänglich ist bzw. „nur“ im Auge der Betrachtenden liegt, die ihr einen bestimmten Wert zuschreiben wollen (oder auch nicht). Allerdings muss gestehen, dass mich die Kreativität vieler Menschen natürlich – nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht – beeindruckt bzw. oft extrem (be)rührt; weil ich nur ahnen kann, was sie damit – ohne es selbst vielleicht zu wissen oder in Worte fassen zu können – zum Ausdruck bringen (möchten).

 

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Dank für das Foto gebührt Jeremy Beck (auf Unsplash)!

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