Better not touch/Besser die Finger lassen von Touchpads oder – vor allem oberflächlich und solange sich niemand dagegen wehrt – auf unsere Hände verführerisch wirkende Pro- oder „Objekte“

Von wem lässt Du Dich widerspruchslos (auch unangenehm) berühren, in wessen Hände begibst Du Dich freiwillig oder von wem klässt Du Dich sogar noch dafür bezahlen, dass Du Dir die Finger schmutzig oder selbst gar keinen Finger krumm machen musst – vielleicht aus Angst, sonst etwas zu verpassen bzw. nicht ermöglicht oder erlaubt zu bekommen?

Viele von uns werden in Gesellschaften großgezogen, in denen er „normal“ geworden ist, dass man sich schon als kleines Kind nicht nur von der – zum Teil ungeliebten – Verwandtschaft, sondern von völlig fremden Menschen anfassen, Ver– oder Behandlungen über sich ergehen lassen muss, selbst wenn wir uns dabei nicht wohlfühlen. Die wenigsten von uns verstehen wahrscheinlich, warum entweder das eigene Gefühl bzw. der eigene Geist oder der eigene Körper innerliche oder sogar äußere Anziehungs- oder Abwehrreaktionen auf etwas oder jemanden zeigt, obwohl wir davon bzw. von ihm oder ihr vorher noch gar nicht an- oder unangenehm berührt wurden, also keine Ahnung von dem haben dürften, was mit uns geschehen könnte.

Unser Körper muss nicht erst tatsächlich – mechanisch – von außen stimuliert werden, um etwas in unserem Inneren zu reizen und in Bewegung zu setzen. In ihm sind in unterschiedlichster Form Erinnerungen gespeichert, die sogar über unser eigenes Leben hinaus- bis auf unsere Vorfahren zurückgehen gehen.
Menschen, die noch mit einem besonderen, natürlichen Feingefühl oder Hellsinnen ausgestattet sind, weil sie noch nicht mit (Kontakt-)Informationen überfrachtet wurden, die sie haben abstumpfen lassen, nehmen Berührungen anders auf als Menschen, die sich daran gewöhnt haben, von den unterschiedlichsten Menschen auf verschiedensten Wegen berührt zu werden.

Es ist natürlich, Mitgefühl für andere fühlende Wesen – für Menschen, Tiere oder sogar Pflanzen – zu empfinden, sich also auch emotional von ihnen persönlich oder ihrem Schicksal berühren zu lassen. Aber es ist übertrieben, sogar anhand von beeindruckenden Bildern, Worten oder sie untermalenden Klängen bzw. Melodien mit ihnen zu leiden bzw. sich davon beeinflussen zu lassen, ohne in ihrer Gegenwart bzw. direkten Nähe auch völlig ohne Worte oder andere „beweiskräftige“ Unterlagen spüren können zu müssen, ob sie es tatsächlich auf Mitleid anlegen (oder lieber darauf verzichten und sich eigenständig um sich selbst kümmern würden).

Es ist natürlich, sich dazu verlocken zu lassen, etwas anzufassen, was uns – aus den unterschiedlichsten, individuellen Gründen – begehrenswert erscheint. Aber es ist fahrlässig, sich nicht zu überlegen, was – in einer Welt, in der angeblich schon Blicke töten können sollen – alles passieren könnte, wenn man etwas, was einem selbst gar nicht gehört, berührt und damit vielleicht aus seiner natürlichen Ordnung oder aus der Ruhe bringt.

Es ist also überlebenswichtig, zu lernen, NEIN zu sagen; nicht nur zu Tätigkeiten, deren Folgen man selbst gar nicht einschätzen kann, weil sie völlig neu(artig) sind, sondern auch oder insbesondere zu Menschen, die versuchen Druck auszuüben und andere Menschen das ausführen zu lassen, was sie selbst nicht (mehr) tun wollen, weil ihnen vielleicht längst bewusst ist, was sie damit verursachen bzw. auslösen: entweder in ihrem eigenen Körper, ihrem Geist oder in ihrer Seele, die oft zuerst spürt, wenn etwas nicht schnell wieder vorbei, sondern auf Dauer unerträglich ist, bzw. bei anderen fühlenden oder besonders empfindsamen (Lebe-)Wesen und der Natur, in der sie leben.

Nicht jeder Mensch ist ganz automatisch – ohne Vorerfahrungen – in der Lage, wirklich zu spüren bzw. professionelle von intuitiv „richtigen“, aus einem ehrlichen Gefühl heraus entstandenen oder gespielt falschen Darstellungen einer Lage zu unterscheiden, (ab) wann etwas für andere unerträglich wird oder bereits unzumutbar ist. Die Freude an Unterdrückung bzw. Druck, den man in unterschiedlicher Stärke auch auf sich selbst ausüben kann wird, oder stattdessen Berührungsängste und damit verbundene Schmerzgrenzen sind individuell äußerst verschieden, auch wenn nur wenige Menschen umfassend darüber aufgeklärt wurden oder je in Frage gestellt haben, dass andere die Welt anders – schmerzhafter oder weniger leidvoll – wahrnehmen könnten als sie selbst. Zu Zeiten, in denen Menschen die Möglichkeit haben zu recherchieren, darüber nachzudenken und dementsprechend zu wissen, dass andere noch mehr erleiden müssen als sie selbst, haben sich viele angewöhnt, die Zähne zusammenzubeißen oder den Mund zu halten und abzuwinken – zumindest so lange, bis ihnen auch kein mitfühlender (Zahn- oder anderer)Arzt bzw. eine freundlich-gesinnte und geduldige (Zahn- oder andere)Ärztin mehr weiterhelfen kann.

Wir leben in einer Ära, in der sich Geduld oder das Abwarten, bis alle Nach- und Rückfragen geklärt sind, für viele nicht auszahlt, weil Zeit Geld ist, das verschwendet werden kann. Daher fehlt ihnen auch häufig die Zeit für „echte“ Berührungen mit „echten“ Menschen, die sich nichts darüber vormachen (lassen), was ihnen wirklich unter die Haut geht und was sie stattdessen – bei näherer Betrachtung, über kurz oder lang – abstößt. Dafür profitieren davon andere, die es schaffen, menschliche Gefühle „anzusprechen“, Menschen also Angst machen oder Hoffnung geben. Es ist absurd bzw. ein Paradoxon, vielleicht auch ein Rätsel, das viele Menschen leider noch nicht verstanden haben zu lösen: Wer nämlich weniger bereit dazu wäre, hart – möglichst emotionslos – genau daran (mit) zu arbeiten oder (anderen) Geld dafür bezahlen zu können, dass das nicht geschieht, könnte es im Grunde – wenn er oder sie sich ein Herz bzw. zuerst an die eigene Nase fassen würde – viel leichter (nämlich ohne sich dabei von der „Mithilfe“ – Fügsamkeit, Kooperationsbereit- oder Komplizenschaft bzw. Compliance anderer abhängig zu machen) erreichen:

  • eigene (Berührungs-)Ängste oder Hemmungen zu verlieren, Widerstand zu leisten gegen Menschen, die Eingriffe in die eigene körperliche, geistige oder seelische Unversehrtheit von Lebewesen dulden oder sogar fordern, und dabei
  • einen Zugewinn an Lebensfreude bzw. innerer Zufriedenheit und Ausgeglichenheit sowie – vielleicht ein neues, nie gekanntes bzw. aufgrund von Lebenserfahrungen vergessenes – Vertrauen in die Natur und ihre Heilkräfte (die immer auch „ihre Zeit“ brauchen, also nicht willkürlich vorangetrieben, durch Streicheleinheiten oder schmerzhafte Operationen schneller oder wirkungsvoller werden können) zu verzeichnen.

P.s.: Ich persönlich finde es – auch wenn ich es selbst liebe, Tiere zu sreicheln, oder mich gerne darum kümmere, dass es ihnen so gut wie möglich dabei geht, dass sie von Menschen (als Gefangene) gehalten werden – mittlerweile wirklich abstoßend, wenn Menschen ihre eigenen Haustiere wie einen „echten“ Partner oder eine „treue“ Partnerin, ein Kind oder als Lehrer bzw. Lehrerin betrachten oder genau so behandeln. Tieren ihre natürlichen Bedürfnisse abzusprechen, macht sie häufig zu reinen Objekten menschlicher Emotionen bzw. (Sehn-)Süchte: sie spenden vielen Menschen, die sich allein fühlen und nicht anders zu helfen wissen, in erster Linie durch ihre Anwesenheit und ohne, dass sie viel dafür verlangen (können), Kraft und Trost bzw. geben ihnen das Gefühl, nicht nur eine emotionale Verbindung, sondern auch eine liebe- und damit sinnvolle Lebensaufgabe zu haben (die sie leisten können bzw. die sie so erfüllen kann, dass sie ihnen den Rückblick auf ein erfülltes Leben ermöglicht). Dabei zeigt sich partnerschaftliche Liebe nicht darin, sich einseitig körperlich, auf geistiger oder emotionaler, seelischer Ebene zu berühren oder von anderen behandeln zu lassen, wie sie es vorgeben, sondern auch darin, sich gegenseitig die Freiheit zu lassen, sich eigene Rechte zu erkämpfen oder Räume zu schaffen bzw. jederzeit auch (an die frische Luft) gehen zu können, um Dampf ablassen und sich etwas Neues – weniger Aufregendes, Nervenaufreibendes – überlegen zu können.

 

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Dank für das Foto gebührt Cottonbro (auf pexels.com)!

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