Wenn die eigene Hütte brennt
Es mag ein beruhigendes Gefühl sein, im Notfall von Zuhause aus um Hilfe von außerhalb rufen zu können – zur wirklichen Sicherheit bräuchten wir aber Menschen in unserer unmittelbaren Nähe, die wissen, wie man sich auch erst einmal selbst bzw. gegenseitig weiterhelfen kann
Unser modernes, naturfernes, gesellschaftliches – kultiviertes oder kulturelles bzw. zivilisiertes – Leben mag vielen Menschen ein Gefühl von scheinbaren Sicherheiten vor Lebensgefahren vermitteln. Dabei haben wir uns nur völlig neue damit geschaffen, dass wir heute so leben (wollen), wie wir leben (wollen).
Was für viele Menschen früher noch ein Todesurteil gewesen sein mag, ist heute vielleicht leicht vermeidbar oder – falls es sich um eine Krankheit gehandelt hat – relativ leicht behandel- und mit genügend Zeit und Erholung völlig ausheilbar. Dafür haben wir uns – weil das Leben einfach ein (Zeitschinde-)Spiel mit bzw. gegen den Tod ist und es immer bleiben wird – viele neue Möglichkeiten eingehandelt, die uns langsam dahinsiechen lassen oder uns unverhofft das Genick brechen oder den Kopf, also unsere bisheriges Leben kosten können. Wir bekommen – zumindest ist das meine Überzeugung – allerdings immer bzw. vermutlich sogar immer wieder die Chance, das Leben, das unsere (körperliche, geistige und seelische) Gesundheit bzw. Unversehrtheit in Gefahr gebracht hat, zu überdenken und noch einmal ganz neu von vorne zu beginnen. Wir können – wenn wir wirklich leben wollen – nicht nur jeden materiellen Verlust verkraften, auch schwere, lebensgefährliche Verletzungen ausheilen, wenn wir ihnen genug Aufmerksamkeit schenken und die Zeit geben, die sie brauchen, um auch keine „unschönen“ Narben (auf unserer Seele) zu hinterlassen. Wir können uns damit abfinden, dass sie oder auch schwere Verluste ein Teil von uns sind und sie bewusst in unsere tägliche Körperpflege bzw. Psychohygiene einbinden, so dass sie nicht unbewusst – aus Unachtsamkeit, weil wir versucht haben, sie zu ignorieren – immer wieder aufgerissen werden oder schmerzen, wenn wir sie zu Gesicht bekommen, also bewusst wahrnehmen und uns daran erinnern lassen „müssen“, dass es sie gibt.
Meiner Meinung nach werden früher oder später alle Menschen Erfahrungen machen, die sie sich oder anderen gerne erspart hätten – weil das Leben nicht nur ein fairer, sondern auch ein harter Lernprozess ist, der uns immer wieder vor die Wahl stellt, etwas zu akzeptieren oder es aufzugeben (es weiter auf die bisherige Weise zu versuchen). Vor allem, wenn sich Menschen – in „gutem Glauben“ bzw. aus Selbstüberschätzung und fehlender Demut vor dem, was im schlimmsten Fall kommen könnte – zu viel für ihren Rücken, ihre Arme oder Beine bzw. Muskelkraft, Ausdauer oder Dehnungsfähigkeit, also Flexibilität, vielleicht auch Schulden auf ihrem Bankkonto oder bei anderen Menschen aufgelastet haben, kann im Grunde jederzeit eine Notfallsituation eintreten. Dann ist es gut zu wissen,
- wie man sich auch selbst bzw. mit den Menschen, mit denen man zusammenlebt, wenigstens notdürftig – vorübergehend – weiterhelfen oder
- wo man sich so lange in Sicherheit bringen kann, bis die akute Lebensgefahr gebannt ist.
Ich werde weiterhin – auch wenn das Leben vieler Menschen davon abhängt, dass sie anderen in Notfällen helfen, weil sie von ihnen dafür bezahlt werden – daran glauben, dass es immer auch Menschen geben wird, die in echten Notfällen auch unentgeltlich , aus völlig freien Stücken bzw. einem inneren Bedürfnis heraus und daher mit ganzem Herzen bei der Sache ihre Hilfe und das, was sie haben oder geben können, ohne ihr eigenes Leben zu gefährden, mit anderen teilen werden, ohne das geringste dafür, also nicht einmal ein Dankeschön zu verlangen.
Vielleicht „müssen“ viele Menschen einfach noch oder wieder lernen, dass es hilfreich ist, wenn man noch nicht verlernt hat, andere nicht nur rechtzeitig – vorsorglich um Hilfe zu bitten und in guten Zeiten Zuständigkeiten zu verteilen und gemeinsame Vorkehrungen zu treffen, sondern auch zu spüren, auf welche Menschen man sich im Notfall so lange verlassen kann, bis man wieder selbstständig in der Lage ist, sich weiterzuhelfen. Nicht alle Menschen haben die Kraft, für andere so lange ihre individuellen Freiheiten aufzugeben; vor allem, wenn sie nicht sicher sind, dass es sich auch für sie lohnt, ihr Leben – wenigstens zeitweise – mit anderen zu teilen und sie bestmöglich darin zu unterstützen, wieder oder endlich einmal auf eigenen Beinen zu stehen.
Ich wünsche uns allen noch ein Leben ohne die Erfahrung, sich völlig überraschend – ohne dass wir uns mental darauf hätten vorbereiten oder es hätten vermeiden können – im Stich gelassen zu fühlen! Wir habe alle gemeinsam ein – nicht für alle erholsames oder besinnliches – 4. Adventswochenende vor uns: Mit hoffentlich möglichst wenig brennenden (statt hell erleuchteten) Räumen, Wohnungen oder Häusern, weil irgendwer zu unvorsichtig mit Gas, Elektronik bzw. einem elektrischen Gerät oder Feuerzeug, Räucherstoffen oder brennenden Kerzen umgegangen ist, also ohne ausreichende Kenntnis oder Beachtung der Gefahren mit dem Feuer gespielt hat.
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Dank für das Foto gebührt imustbedead (auf pexels.com)!
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