Das automatische Ende ungesunder menschlicher Angewohnheiten
Wenn Menschen denken, dass sie sich ihr Leben damit vereinfachen könnten, dass sie es von Automaten kontrollieren oder sich selbst von immer wieder neuen, besseren Angewohnheiten oder Produkten leiten lassen
Wir Menschen mögen von Natur aus dazu neigen, uns bestimmte Verhaltensweisen anzugewöhnen – wenn wir daraus Vorteile für uns erkennen können, die uns unser Leben leichter, absehbarer, sicherer, machen, weil wir dann irgendwann nicht mehr darüber nachdenken müssen, was wir tun.
Sowohl unser Körper als auch unser Geist ist dazu in der Lage, aus etwas völlig Neuem, Fremden, vielleicht sogar Angsteinflößenden, etwas (Alt-)Bekanntes und oft irgendwann auch Liebgewonnenes – eine Angewohnheit, die zu unserer Persönlichkeit, mit der wir uns identifizieren – gehört, zu machen. Mit genügend „guter“ PR, also Werbeversprechungen und deren eingängige Wiederholungen – Slogans bis hin zu regelrechten Schlachtrufen – kann man Menschen, die sich auch Gewohnheit wie Gewohnheitstiere benehmen, im Grunde alles andrehen oder sie dazu bringen, sich wie Esel zu verhalten, denen man eine Karotte vor die Nase hält. Solange Menschen sich nicht die Mühe machen, von Anfang an zu hinterfragen, wer oder was eigentlich dahinter steckt, dass sie sich mit etwas Neuem, einer neuen Angewohnheit oder einem leblosen Produkt, das ihnen angeblich ihr Leben erleichtern und schöner machen soll, anfreunden sollen – selbst wenn es ihrer Gesundheit schadet und ihnen daher von Natur aus vielleicht sogar unheimlich erscheint – werden sie es so lange mitmachen, bis ihr Körper, ihr Geist oder ihre Seele darunter zu leiden und abzubauen beginnt, also jegliche Lebenslust verliert.
AutomatenherstellerInnen und ihre angestellten VerkäuferInnen, zumindest die, die sich mit Kundenwünschen beschäftigen und sie analysieren, weil sie eine Verkaufsstrategie verfolgen, wissen das: Sie kennen Kundenwünsche und -ängste sowie Gewöhnungseffekte und die passenden Mittel und Wege, sie zu bedienen bzw. die Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die ihnen im Weg stehen.
Es gibt viele Menschen, die – auch oder vor allem Dank wissenschaftlicher Forschung – die Regeln kennen, nach denen Menschen spielen, die sie für ihre Zwecke benutzen, also als zahlende KundInnen oder auch brave MitarbeiterInnen gewinnen möchten.
Sie wissen, wie sie Menschen – die aus Gewohnheit überall Spuren hinterlassen bzw. ihre Meinung laut, vielleicht über ihre Kleidung oder das, was sie sonst besitzen, kundtun – leicht erkennen und erreichen bzw. in erster Linie das erreichen können, was sie von ihnen wollen, indem sie ihnen etwas bieten können, das sie zufriedener mit ihrem Leben macht.
Ihnen ist bewusst, dass skeptische, zufriedene und bewegungsfaule Menschen dazu neigen, immer erst einmal NEIN zu etwas Neuem zu sagen, so dass sie es ihnen so einfach wie möglich machen müssen, das – ihre Produkte oder Dienstleistungen – zu bekommen, was sie ihnen als Bereicherung ihres Lebens anpreisen möchten (um selbst davon leben zu können bzw. ihren eigenen Reichtum zu erhalten oder zu vermehren).
Man nennt sie geborene Geschäftsleute, und sie sehen ihre Mitmenschen in erster Linie als potentielle AbnehmerInnen dessen, was sie ihnen bieten können.
Vielen Menschen ist nicht einmal bewusst, dass es ihre natürliche Hilfsbereitschaft, ihr soziales Wesen ist, das kulturgesellschaftlich pervertiert wurde – weil es uns von Natur aus Lohn genug ist, ArtgenossInnen bei etwas zu unterstützen, das sie nicht alleine schaffen, und uns nur frustriert, wenn wir mehr geben, mehr investieren, als wir von anderen von Natur aus dafür zurückbekommen. Jeder Mensch hat nur eine bestimmte verfügbare Menge an Kraft und Energie, die er oder sie aus seiner – materiellen oder geistigen – Nahrung zieht, die ganz automatisch mit der Zeit weniger wird, wenn er sie nicht sinnvoll wieder erneuert, also auffüllt, indem er oder sie sich selbst mit etwas Gesundem belohnt oder auch mal andere damit überrascht, dass er oder sie sich zur Abwechslung mal etwas nachhaltig Energie- und Kraftspendendes tut.
Als Biologin weiß ich, dass Menschen irgendwann, nach Jahren oder erst Jahrzehnten krank davon werden, wenn ihr Leben keine Überraschungen mehr bietet, weil alles durchschaubar – zur Routine – geworden ist.
Menschen drehen sich zwar gerne im Kreis, weil sie dann sicher sein können, dass sie wieder dorthin zurückfinden, wo sie ein sicheres Plätzchen zum Ausruhen, Nahrung zu sich nehmen und Schöpfen neuer Kräfte – ihren Kraftort, ihr Haus, ihre Wohnung oder ein anderes Zuhause – haben, das ihnen das Gefühl einer Heimat vermittelt, in der sie geschützt sind und aufatmen bzw. einfach sein können, wie sie wollen.
Mich überraschen Menschen selten. Ich kann absehen, dass sie irgendwann etwas tun werden, um sich aus einer misslichen, gesundheitsschädlichen Lage – die ich ihnen, ihrem Körper, ansehen oder ihren Worten entnehmen kann – zu befreien; zumindest wenn sie noch vorhaben, länger weiterzuleben als sie es mit ihren gesundheitsschädlichen, auf Dauer tödlichen, Angewohnheiten könnten.
Mich überrascht nur, wie schwer es vielen fällt, sich selbst zu durchschauen und auszutricksen, um nicht immer wieder Opfer ihrer automatisierten Routinen zu werden, also immer wieder nur auf andere, neue Menschen mit neuen Gesichtern oder in anderen Gewändern und schöner klingenden Angeboten hereinfallen, die ihnen neue Produkte und Dienstleistungen anbieten (von deren Verkauf in erster Linie VerkäuferInnen und HerstellerInnen profitieren, während der Rest der Welt, der Natur und damit auch die Gesundheit aller Menschen unter ihnen – ihrer Produktion Instandhaltung und /oder Entsorgung – leidet).
Ich denke, es werden noch viele in ihren Angewohnheiten verfangene Menschen wie an Ort und Stelle verwurzelte Pflanzen vor sich hinvegetieren, wenn niemand sie mit all dem versorgt, was sie zum Leben brauchen, bis sich überall herumgesprochen hat, dass wir – zumindest die meisten von uns – zusätzlich auch noch
- zwei Beine und Füße haben, mit denen wir uns nicht nur im Kreis bewegen, sondern auch sonst überell hinlaufen könnten, wohin wir wollen, wenn wir bereit sind, auch mal überraschend die Richtung zu wechseln;
- einen Rücken, der sich nicht nur dankbar nach vorne, sondern in alle Richtungen beugen lässt;
- einen Mund, mit dem wir auch einmal andere Menschen ansprechen könnten als darauf zu warten, dass sie uns ein Gespräch (und vielleicht ihre Hilfe) anbieten;
- Ohren, um genau hinzuhören;
- Arm und Hände, die gemeinsam mit anderen etwas anpacken könnten, was vielleicht über sehr lange Zeit von Automaten erledigt wurde, die vor allem Ressourcen gefressen haben, die wir anderen wegnehmen mussten – weil wir sie selbst gar nicht produzieren können; und
- einen Verstand, der uns sowohl dabei hilft,uns immer mal wieder selbst etwas wirklich Neues einfallen zu lassen, um unserem Leben einen neuen Sinn zu geben.
Ich war – ganz ungewohnt zu dieser Zeit – gerade mit meinem Liebsten eine Runde im Wald spazieren und werde jetzt mal frühstücken, was schon eher der Zeit entspricht, in der mein Magen normalerweise dazu bereit ist, auch größere Nahrungsmengen zu sich zu nehmen. – Vorher begnüge ich mich lieber nur mit meinem Geist, also meinen Ideen, und körperlichen Aktivitäten, also den Dingen, die ich gleich morgens erledigen will (weil sie am Vortag liegengeblieben sind bzw. mich bei dem, was ich sonst noch vorhabe, stören würden).
Es ist ein intuitiver Automatismus, den ich mir nicht bewusst angewöhnt habe und den mir zum Glück auch noch niemand abgewöhnt hat – weil ich sonst mt Sicherheit auf Dauer krank oder zumindest so unglücklich werden würde, dass ich mir etwas anderes einfallen lassen müsste.
P.s.: Vor allem hormon-, also angstgesteuerte oder liebestolle Menschen sind besonders anfällig dafür, nach Techniken oder Produkten zu suchen, die ihnen helfen, ihre natürlichen Bedürfnisse unter Kontrolle zu halten. Daran ist nichts Verwerfliches. Ungesund wird es für sie und manchmal auch gefährlich oder zumindest leidvoll und schmerzhaft für andere, die gemeinsam mit ihnen leben möchten, erst, wenn sie nicht bemerken, wie sie das, was ihnen definitv nicht gut tut, zu ignorieren lernen und all das, was ihrer Gesundheit (ihrer Lebensenergie, -kraft, Beweglichkeit und damit auch ihrem Glück) stattdessen wirklich nützen würde, ablehnen – aus dem Bedürfnis heraus, gegen andere aufzubegehren, die ihnen verbieten wollen, ihre natürlichen Bedürfnisse – z.B. nach freien, selbstständigen Entscheidungen – auszuleben.
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Dank für das Foto gebührt Boston Public Library (auf Unsplash)!
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