Unnatürliche Angst vor (Wert-)Verlusten oder Vergänglichkeit

Warum sich gebührender Respekt, sinnvolle, achtsame Vorsorge und Ehrfurcht in der Konfrontation damit mehr lohnen als Verdrängungs- oder Vermeidungsstrategien und daraus resultierende Panik, sobald uns – meist schmerzhaft – ins Bewusstsein gerückt wird, was wir wirklich vernachlässsigt oder bereits verloren haben

Als ökologisch, in Kreisläufen denkende Lebenswissenschaftlerin habe ich oft einen völlig anderen Blick auf das, was gerade ist und wie es sich entwickelt hat oder was – unumgänglich – irgendwann einmal (wieder oder in leicht veränderter Form) kommen oder auch vergehen wird.
Ich kann mich gut mit dem abfinden, was vorhanden ist oder auch fehlt, weil ich weiß, dass ohnehin nichts sehr lange genau so bleiben wird – wenn wir nicht sorgfältig darauf achten, dass sich nichts daran ändert. Es ist anstrengend, kostet viel Energie, auf Dinge zu achten, so dass ich sie mir möglichst sorgfältig einteile bzw. meine Achtsamkeit vor allem dem schenke, was ich für besonders wertvoll halte: dem Leben, der Natur und unserer Beziehung zu ihr oder anderen Lebewesen, die für mich besonders eng mit unserer Gesundheit und unserem Glücksempfinden verbunden ist.
All unsere Besitztümer, die wir im Laufe unseres Lebens anhäufen, sind immer nur so viel wert, wie sie uns selbst bedeuten bzw. wie uns andere als Gegenwert dafür geben würden; und wir selbst sind nur so wertvoll, wie wir uns selbst bewerten oder im Laufe unseres Lebens anderen gegenüber verdient machen.

Einige Menschen werden mit der Zeit nachlässiger, wenn es um ihre Wertgegenstände geht, vor allem, wenn sie sie nicht selbst geschaffen oder erarbeitet oder noch nie verloren haben, so dass sie ihre Haltbarkeit nicht aus Erfahrung kennen. Andere entwickeln eine regelrechte Sammelwut.
Die Natur verhindert allerdings,  – solange wir im Bewusstsein leben, geistig fit, gesund und glücklich bleiben zu wollen – dass uns etwas nie zu langweilig werden könnte. Sie sorgt also meistens dafür, dass Menschen sich irgendwann nach Abwechslung sehnen bzw. sie beginnen, darüber nachzudenken, was wirklich wertvoll für sie ist und ob sie das eigentlich besitzen oder nicht.
Die Natur verhindert außerdem, dass unser Leben verlustfrei bleibt: Damit etwas neues entstehen kann, muss etwas Altes vergehen, auch wenn es für Menschen – vor allem für Menschen, denen es schwer fällt, alte Dinge oder Vorstellungen loszulassen – grausam oder zerstörerisch anmutet.
Gewöhn‘ Dich also besser nicht zu sehr an den Gedanken, dass alles, was Du gerade besitzt oder in Deiner erreichbaren Umgebung hast, immer da sein und seinen Wert für Dich behalten wird.
Echte Wertschätzung beginnt erst da, wo Menschen etwas verloren haben, was sie nicht so leicht ersetzen können.

Vielleicht werden Wertgegenstände irgendwann einmal die mit dem tatsächlich höchsten Wert für uns Menschen sein – so dass wir alle freiwillig achtsamer mit ihnen umgehen? Mit unserem Trinkwasser, unsere Grundnahrungsmittel, leicht verfügbare Baumaterialien und sonstige natürliche Stoffe, die schnell nachwachsen, wenn wir etwas verloren oder versehentlich zerstört haben, was aus ihnen gemacht wurde.
Aktuell sehe ich wenige Chancen für eine zukunftsfähige, nachhaltig lebende und wirtschaftende, menschliche Wertegemeinschaft – wenn „die Reichsten“ die sind, die die wertvollsten Güter allein für sich beanspruchen bzw. damit machen dürfen, was sie wollen.
Aberr: Ich bin sicher, auch dieses Wertgefüge wird wie alles Menschengemachte irgendwann einmal vergehen, spätestens wenn die Menschheit verloren ist.

 

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Dank für das Foto gebührt Bernd Dittrich (auf Unsplash)!

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