Die Zeit des sinnlosen Schenkens aus Pflichtgefühl oder Dankbarkeit
Viele Eltern, die ihre Kinder lange Jahre aus Liebe mit Geld beschenkt haben, damit sie sich ihre Wünsche erfüllen konnten, aber ansonsten selten mit echten Liebestaten – zum Beispiel,
- mutig für sie vor anderen einzustehen und
- sie vor Schaden bewahren;
- vertrauensvoll oder zumindest schützend hinter ihnen zu stehen – um sie aufzufangen, wenn sie etwas getan haben, was ihnen selbst geschadet hat;
- oder ihnen, ihrer Zukunft zuliebe, auf Dinge oder liebgewonnene Gewohnheiten zu verzichten, die ihnen, ihrem zukünftigen Leben oder der Umwelt schaden (könnten), –
halten ihre Kinder für undankbar, wenn die ihnen irgendwann, wenn sie sich alle Wünsche selbst erfüllen können, nicht mehr die „Liebe“ zurückgeben, die sie einst dafür gezeigt haben.
Sich dankbar und höflich oder sogar fröhlich ihnen gegenüber zeigen können sich auch viele Menchen, die ihre GeldspenderInnen nicht einmal kennen oder als Menschen sympathisch finden, geschweige denn lieben, oder das, womit ihre sie ihr Geld verdient haben, nicht gutheißen, vielleicht sogar verurteilen.
Geschenke oder andere auffällige Dankbarkeitsbezeugungen oder öffentliche Liebesschwüre sagen nichts über echte Liebe aus, sondern häufig nur darüber,
- wie viel Menschen selbst besitzen und bereit sind, mit anderen zu teilen,
- welche Gegenleistungen sie dafür erwarten
- wie sehr sie von anderen für ihre Großzügigkeit gelobt werden wollen; und
- dass die Menschen, die glauben, sie machen zu müssen, vielleicht noch gar keine echte Liebe erfahren haben bzw. annehmen konnten, ohne sich direkt in der Schuld, schuldig zu fühlen, sie zu erwidern.
Liebe hat Zeit, Liebe kann notfalls auch ewig warten – weil Menschen, die sich wirklich lieben, einander vertrauen und wissen, wie sie sich ihre Wünsche erfüllen bzw. dass sie immer sagen könnten, was sie sich vom jeweils anderen wünschen würden, das er oder sie erfüllen könnte.
Denn Liebende erwarten nichts Unmögliches voneinander. – Das tun nur Menschen, die sich entweder überhaupt nicht kennen, sich gegenseitig oder vor anderen auf die Probe stellen, also konkurrieren wollen oder sich um etwas anderes betrogen fühlen.
Es tut mir im Herzen weh, wenn ich sehe oder höre, womit sich viele Menschen heute beschenken oder worüber sie sich freuen – vor allem schon kleine Kinder. Aber die wissen es einfach noch nicht besser – die ahnen noch nicht, von wem ihnen ihr Leben wirklich geschenkt wurde, wie ihr Leben und das ihrer Vorfahren wirklich begonnen hat.
Vielleicht sollten sich Menschen vor allem zur Weihnachtszeit mal weniger Märchen anschauen oder nur in schönen Erinnerungsfotos kramen, sondern sich stattdessen lieber Geschichten über die Menschheit, ihre Entstehung und Entwicklung – ungeschönt, mit allen Höhen und Tiefe – vorlesen oder erzählen (lassen)?
Ich habe den Eindruck, das wäre ein wirklich ein sinnvolles Weihnachtsgeschenk für Menschen, die einfach Freude daran haben, anderen auch grundlos etwas zu schenken; auch wenn viele Menschen oft schon abwinken, wenn sie sich „alte Geschichten“ anhören sollen. Sie haben vermutlich bisher nur die gehört, die wirklich niemand mehr hören will.
Ich könnte wie immer noch lange weitererzählen; aber ich habe jetzt erst einmal Wichtigeres zu tun: Kaffee zu kochen für jemanden, den ich liebe – weil ich weiß, dass er es liebt, wenn er den heiß bis ans Bett geliefert bekommt.
P.s.: Mich kann man damit nicht begeistern – aber das ist ja die Kunst des Liebens: Herauszufinden, womit man den Geliebten, den Menschen, denen man sein vollstes Vertrauen schenkt, die größte Freude machen kann! Deshalb bin ich auch nicht enttäuscht, wenn jemandem nichts einfällt, womit er oder sie mir an Weihnachten eine echte Freude bereiten kann – ich bin zufrieden, wenn ich das Fest feiern kann, mit dem der Beginn der kürzeren Nächte eingeläutet wird. Denn es ist schön zu wissen, ab wann die Tage wieder länger werden und mehr Licht und Wärme in die Natur zurückkehrt. Vielleicht ja sogar irgendwann bis in die Herzen von vor allem materiell denkenden, (mit)gefühlsarmen oder geschenkesüchtigen Menschen, die sich verlassen oder einsam, also nicht genug geliebt und von ihrem Leben reich beschenkt fühlen?
P.p.s.: Für mich ist das christliche Weihnachtsfest schon lange das Fest der gesellschaftlichen Familienheuchelei – wenn dort Menschen anderen zuliebe zusammenkommen, die sich schon lange nichts mehr zu sagen haben oder überhaupt nicht mehr ehrlich miteinander reden können. Aber Menschen, die dieses Jahr christliche Nächstenliebe feiern wollen – während täglich Menschenrechtsverletzungen vor der eigenen Haustür stattfinden, Menschen also diskriminiert und dazu genötigt werden, ihre eigene Gesundheit zu schädigen – schießen zumindest für mich den Vogel der Skrupellosigkeit ab, selbst wenn der aktuell besonders hoch fliegt – irgendwann geht allen da oben die Luft zum Atmen aus, weil alle größeren, insbesondere flugfähige Lebewesen an die Sauerstoffatmosphäre der Erde gebunden sind.
P.p.p.s.: Menschen könnten sich die dunkle Jahreszeit auch mit möglichst, aber nicht unnötig vielen Lichern erhellen, sich mit echter (Lebens-)Freude, also aus Liebe, möglichst reich, aber nicht unnötig viel beschenken und es sich möglichst, aber nicht unnötig warm machen, indem sie enger zusammenrücken und sich gegenseitig warm halten oder einheizen. Menschen kann schon allein – wenn sie handwerklich künstlerisch begabt sind – die Vorbereitung von Geschenken oder – wenn sie besonders kreativ im Kopf sind – die Vorstellung auf gemütliche Stunden mit den eigenen Liebsten Freude – Vorfreude – machen. Entäuschungen drohen, wenn – aus gegenseitigem Unverständnis – Erwartungen dabei nicht erfüllt werden; wenn sich Menschen eigentlich (auch) ein Zeichen echter Liebe, nicht nur des eigenen Könnens oder Besitzes, gewünscht hätten. Ich werde selbst noch ein bisschen überlegen müssen, ob und wem ich dieses Jahr noch etwas aus Dankbarkeit schenken möchte. Geschenke aus Liebe brauchen keine besonderen Anlässe – die fallen einem einfach ein. Wann bist Du das letzte Mal von einem überrascht worden?
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Dank für das Foto gebührt Clint Patterson (auf Unsplash)!
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