Schreiben als menschliche Ausdrucksform von Gefühlen, Hoffnungen, Träumen und Wünschen
Oder: Wenn Du stattdessen kreativ werden willst, um Menschen absichtlich Dinge zu sagen, die sie nicht (mehr) hören wollen, oder zu etwas zu bringen, was sie von sich aus nie tun würden
Ich habe mich schon oft gewundert, wie Menschen dazu kommen, für andere Menschen schreiben zu wollen, denen sie gar nichts persönlich zu sagen haben.
Ich schreibe in erster Linie für mich selbst – wenn ich schon genug mit anderen Menschen geredet oder sie persönlich angeschrieben habe, um meine Gedanken zu ordnen, meine Ideen zu äußern oder meine Konflikte (mit ihnen) zu lösen.
Was andere Menschen daraus machen, ist mir im Grunde egal. – Ich freue mich aber natürlich, wenn sie wie ich etwas damit anfangen können – indem es sie auf eigene, neue Gedanken und Ideen bringt oder Lösungen für ihre eigenen Konflikte anbietet.
Ich will weder eine Ratgeberin für andere Menschen sein, die mich gar nicht persönlich um meine Meinung gefragt haben, noch ihnen meine Innenwelt als Realität verkaufen.
Für mich ist Schreiben eine Ausdrucksform: eine Möglichkeit, Gedanken loszuwerden, die ich nicht unterdrücken kann, ohne mich dann von ihnen unterdrückt, geknechtet, zu fühlen.
Ich denke, so ist es vielen Schriftstellerinnen ergangen, die gar nicht vorhatten, SchriftstellerInnen zu werden; genauso wie MusikerInnen oder anderen KünstlerInnen, die mit dem, was sie geschaffen haben, gar kein Geld verdienen, sondern etwas zum Ausdruck bringen mussten, was sie sonst zu sehr belastet – krank oder verrückt gemacht – hätte.
Ich weiß nicht, ob ich alles, was aus dem Herzen oder Bauch heraus kommt, „besser“ finden oder überhaupt gleich erkennen würde, was Menschen intuitiv „richtig“ gemacht oder sich mit viel Arbeits- und Zeitaufwand mühsam angelernt haben.
Aber: Ich halte keine Kunst für ehrlich, die von Professionellen genutzt wird, um damit Geld zu verdienen oder berühmte Kunstwerke zu erschaffen, die möglichst vielen anderen Menschen gefallen oder sie provozieren. – Denn im Kopf entstehen beim Schreiben, vermutlich wie bei anderen kreativen Arbeiten, nicht nur schöne Träume oder gute Absichten, sondern auch Ideen, wie sich das, was man sich vorgenommen hat, umsetzen lässt, auch wenn man dazu Opfer bringen, andere Menschen und/oder sich selbst belügen, manipulieren oder anders täuschen muss.
Weder das Herz noch unsere Bauchorgane lassen sich so einfach drehen und wenden wie Gedanken innerhalb unserer Hirnwindungen.
Solltest Du also irgendwann einmal keine eigenen Ideen mehr haben, wie Du Dich noch ausdrücken könntest, damit andere Dich verstehen und Dir vielleicht sogar weiterhelfen könn(t)en; wenn es Dir zu einem bestimmten Zeitpunkt weder sinnvoll erscheint, mit Deinen engsten Vertrauten zu reden, noch etwas (für Dich oder andere) aufzuschreiben, Musik zu hören oder selbst kreativ zu werden, dann frag‘ Dich bitte, ob Du eigentlich noch
- mit Deinem Herzen bei der Sache bist, auch wenn es Dir dabei weh tut, und
- verstehst, was Dein Bauchgefühl – in Form von Krämpfen, Blähungen oder anderen Schmerzen – Dir sagt,
- richtig tickst oder nur noch Wert darauf legst, dass Du irgendwie funktionierst.
Mehr als Bitten, Träume und Wünsche äußere ich hier übrigens nie. – Wenn Du denken willst, es wäre mein Ziel, Dich auch gegen Deinen Willen dazu zu bringen, genau das zu tun, worum ich Dich bitte oder was ich mir wünschen würde, dann täuschst Du Dich (selbst).
Denn ich träume weder von einer Welt mit Menschen, deren Wille von anderen gebrochen werden muss, noch mit Menschen, deren Absicht es ist, den Willen anderer Menschen zu brechen oder so zu manipulieren, dass sie denken, sie würden aus freien Stücken handeln – vermutlich aus Verzweiflung dafür, dass ihr eigener Wille irgendwann einmal durch andere gebrochen wurde.
Ich träume von einer ehrlichen Welt mit kreativen Köpfen, die genau das – ungeschnitten oder -zensiert – machen, sagen, singen oder herausschreien dürfen, was sie auch freiwillig, ohne dafür bezahlt werden zu müssen, tun, aussprechen, anderen vorsingen oder ins Gesicht brüllen würden.
Nur so – ohne VerlegerIn, HerausgeberIn, CutterIn oder andere Menschen, die in unserer modernen Welt dabei behilflich sind, menschliche Ausdrucksformen als Kunst zu vermarkten – lernt man übrigens, wie man tatsächlich bei anderen ankommt und wie man freiwillig auch an der eigenen Ausdrucksform arbeiten kann, ohne das zu verfälschen, was man eigentlich sagen möchte.
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Dank für das Foto gebührt hannah grace (auf Unsplash)!
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