Menschen, die (ehrlichen) Klartext nicht verstehen können/wollen/sollen …

…, lassen sich leichter über Formen, Zahlen- oder Symbolreihen, Licht, Farben und Bilder sowie über Töne, Lieder und Melodien erreichen

Der Ton macht für Menschen wie mich noch lange nicht die Musik!
Denn ohne genau auf den Inhalt zu hören, können Menschen, die ihre Empathiefähigkeit überschätzen, also sich nur in andere Menschen hineinversetzen können, die ähnlich ticken wie sie selbst, leicht auf einem Holzweg landen, wenn sie Worte nur nach ihrem Klang beurteilen.
Kommunikation unter sich noch fremden Menschen – mit unterschiedlichen Kommunikationserfahrungen – ist ein schwieriges Unterfangen; denn es genügt nicht, dass Menschen das Sprechen, Lesen und Schreiben einer Sprache lernen, also mit Buchstaben und Zahlen oder Worten umzugehen, während andere Ausdrucksformen nur nebensächlich, als Nebenfächer wie Kunst oder Musik, behandelt werden, mit denen wir unser menschliches Seelenleben, unsere Gefühle, ausdrücken können.

Ich selbst liebe die Sprache und das Schreiben oder Lesen. Ich habe nie einen Anlass gesehen, mich anders ausdrücken zu wollen.
Aber ich weiß heute, wie missverständlich ich sein kann für Menschen, die sich selbst viel lieber mit anderen Formen und Symbolen, mit Licht und Farben, also in Bildern, oder mit Tönen und Melodien, also mit Liedern, ausdrücken; mir ist heute bewusst, wie unterschiedlich RednerInnen wahrgenommen oder Texte gelesen werden können, je nachdem, in welcher Stimmung man sich selbst befindet, wie gut oder schlecht man den oder die VerfasserIn der Worte kennt und wie viele bzw. welche Erinnerungen die Buchstäben und Wörter oder eine bestimmte Sprachmelodie wachrufen.

Menschen, die sich sehr genau überlegen, was sie sagen oder – mit hoher Kommunikationskunst oder möglichst kurz und klar, unverschnörkelt – ausdrücken (wollen), haben oft wenig Verständnis für andere, die das – tatsächlich oder nur ihrer Meinung nach – nicht tun; sie merken aber vielleicht selbst nicht, welche andere Kommunikationsform sie unbewusst auch nutzen – ohne zu wissen, dass bzw. warum sie das tun.
Es lässt sich in jedes Bild, in jedes Gekritzel auf einem Blatt, in jede vor sich hin gesummte Melodie etwas hinein interpretieren – zumindest wenn Du, wie ich als Naturwissenschaftlerin, daran glauben kannst, dass nichts grundlos geschieht, also alles mindestens eine Ursache hat und nichts aus dem Nichts heraus geschieht.
Umso mehr Zeit Du Dir für das, was Du anderen verständlich machen willst, nehmen kannst, umso mehr verstehst Du auch Dich selbst: warum Du bestimmte Farben magst oder (nur) zu bestimmten Zeiten in Deinem bisherigen Leben getragen hast; warum Du Dich mit Symbolen schmückst oder bestimmte Musikrichtungen magst bzw. ablehnst. Vielleicht verstehst Du umgekehrt irgendwann nicht mehr, warum Du Dich einmal so unverständlich oder unbedacht ausgedrückt hast bzw. einfach Modeerscheinungen gefolgt bist, mit denen im Grunde nur andere, Dir fremde Menschen, etwas kommunizieren oder zumindest ausdrücken wollten, so dass Du heute nicht mehr nachvollziehen kannst, warum Du das getan hast.

Versuch‘ es doch trotzdem!
Finde mal heraus, wo unbewusst Dein Seelenleben so zum Vorschein kommt, dass andere es wahrnehmen können – auch wenn Du eigentlich versuchst, es damit zu verstecken, dass Du bewusst, also willentlich, eine andere Kommunikations- oder Kunstform gewählt hast, mit der Du Menschen leichter klarmachen kannst, was Du willst, statt preisgeben zu müssen, wie Du Dich dabei fühlst.

Ich selbst habe nie erklärt bekommen, warum so viele Menschen nur durch die Blume miteinander reden.
Ich habe lange Zeit nicht verstanden, warum Menschen nicht unverblümt Klartext benutzen, wenn wir doch alle dieselbe Sprache lernen; warum sie sich nicht ehrlich fragen oder sagen, was sie denken oder fühlen.
Ich weiß heute, wie viele Menschen schon als Kinder nicht das sagen durften, was sie gerne gesagt hätten; dass sie keine Antworten auf ihre Fragen bekommen und sich eigene Wege gesucht haben, sie für sich zu beantworten, oder dass sie sogar brutal von anderen oder ihren Eltern behandelt wurden, obwohl sie vorher nur Worte benutzt hatten.
Aber: Nicht nur Menschen, die ähnliche Ausdrucksformen für sich gefunden haben, – auch ohne sie bewusst zu nutzen, um Gleichgesinnte damit anzulocken oder ihren Lebensunterhalt sogar damit zu bestreiten, also Geld damit zu verdienen – sind dazu in der Lage, intuitiv zu erfassen, wenn es anderen schlecht oder besonders gut geht, wenn sie gerade rebellieren oder lieber in Ruhe gelassen werden möchten.
Schule dafür möglichst oft Deine Feinsinne in einem Alltag, auch wenn der für unsere menschliche Natur viel zu laut, zu schnell oder auch noch bei Nacht hell ist. Verlass‘ Dich zur Abwechslung mal wieder mehr auf Dein voruteil- und angstfreies, un- oder unterbewusstes natürliches Gespür und Verständnis für andere Menschen, und beurteilen sie nicht nur rein nach ihrem Aussehen, nach dem, was sie wie und wie laut oder leise sagen, vielleicht noch danach, ob sie dieselbe Musik mögen oder Kunst machen.

Jede – partnerschaftliche oder sogar gesellschaftliche – Gesamtkomposition, ein zukünftig schönes, harmonisches Gesamtwerk kann mit der Zeit nur dann entstehen, wenn die Kommunikationsform zwischen allen daran Beteiligten stimmt, wenn also klar ist, wer was wie und warum so „sagt“, wie er oder sie es tut; warum es nicht immer sinnvoll ist, nur altbekannte Regeln zu befolgen oder neue aufzustellen statt mal regellos Muster zu durchbrechen – weil erst Überraschungen unser Leben spannend machen.

Mich langweilt die tägliche Anspannung einer pandemischen Lage der Nation enorm.
Ich finde es gruselig, dass immer mehr Menschen fast nur noch mit Hilfe von Maschinen oder Robotern kommunizieren, die gar keine natürliche Sprache sprechen und die uns viele Möglichkeiten nehmen, intuitiv oder bewusst auf unser Gegenüber eingehen zu können, statt nur zu agieren oder reagieren.
Ich werde weiterhin Worte nutzen, um mich verständlich zu machen.
Ich lasse mich weiterhin von Musik und Bildern berühren, die für mich das Universum harmonisch klingen lassen, also mein Weltbild so ergänzen, dass es ein sinnvolles ergibt.
Aber ich werde zukünftig besser zuhören und mehr darauf achten, wer genau mir was mit dem sagen möchte, was er oder sie mir zeigt oder aufschreibt, skizziert, malt oder vorzeichnet, -spielt, -singt, -trällert oder -betet.
Nicht alles ist wirklich durchdacht oder beinhaltet so viel, wie andere behaupten.
Bevor ich nicht mit denjenigen, die etwas verbreiten, Klartext reden kann, interpretiere ich heute – nach langjährigen Lebenserfahrungen – erst einmal nicht unnötig viel in Symbole, Farben oder Bilder und Melodien etc. hinein, deren unterschiedlichste Bedeutungen den wenigsten Menschen bewusst sind.

 

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Dank für das Foto gebührt Harry Quan (auf Unsplash)!

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