Die Sonderstellung der Menschen in der Natur

Menschen sind wohl die einzigen Lebewesen, die sich – vor die Wahl gestellt, obwohl sie sich nicht in einer Notlage befinden – für das kleinste von mehreren Übeln entscheiden anstatt sich zu weigern, überhaupt eines davon anzunehmen, die also nicht dankend ablehnen und ganz darauf verzichten würden, was ihnen angeboten wird.
Wer – obwohl er oder sie gar nichts mit totem Pferdefleisch anfangen kann, sollte das Tier nicht mehr lange überleben – mit Sprüchen wie „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ oder anderen, unter ganz anderen Lebensumständen als den eigenen, gewonnenen Lebensweisheiten großgezogen – (streng) erzogen, wird, gewöhnt sich mehr als eine Absonderlichkeit an, die sich Menschen glücklicherweise auch wieder abgewöhnen können – sobald sie ihre Sonderstellung, freie Entscheidungen treffen zu können, erkennen bzw. von denen zurückfordern, die sie ihnen nehmen wollen …

P.s.: „Die Hinnahme kleinerer Übel wird bewusst dafür genutzt, die Beamten wie auch die Bevölkerung im Allgemeinen daran zu gewöhnen, das Übel an sich zu akzeptieren. Um nur eines von vielen Beispielen zu geben: Der Vernichtung der Juden ging eine schrittweise Folge antijüdischer Maßnahmen voraus, welche jeweils gebilligt wurde mit dem Argument, dass die Verweigerung, daran mitzuwirken, nur alles verschlimmert hätte – bis eine Stufe erreicht war, dass Schlimmeres überhaupt nicht mehr passieren konnte.“ (Hannah Arendt: „Was heißt persönliche Verantwortung in einer Diktatur“, Piper Verlag GmbH, 5. Auflage, 2020)

P.p.s.: Was die Menschen außerdem besonders macht, ist ihre Fähigkeit, sie ihre eigene Welt rosa einzufärben, also eine Traumwelt zu erschaffen, die mit der Realität, dem was tagtäglich wirklich geschieht, wenig gemein hat. Für kurze Zeit kann das – wenn ein Geschehen auf Erden zu bedrückend wird und den eigenen Lebenswillen gefährde -, lebensrettend sein; auf Dauer macht es körperlich krank oder psychisch wahnsinnig – denn wir Menschen sind von Natur aus nur dazu gemacht, in einem echten Leben, keinem künstlich geschaffenen, nicht nur überleben, sondern auch gesund und glücklich sein zu können.

P.p.p.s.: Menschen sind vermutlich die einzigen Lebewesen, unter denen es – wie unter domestizierten und in Gefangenschaft gehaltenenen Tieren – viele gibt, die ganz ohne Kenntnis ihres Selbst und ihrer eigenen Fähigkeiten, also ohne Menschenkenntnis, ohne Kenntnis ihrer Mitmenschen, lange leben können (wenn sie daran glauben wollen, dass das, was lange währt, auch irgendwann noch gut werden kann); die – auch wenn vor ihren Augen ganz offensichtlich Gräueltaten verübt werden, wenn überall deutlich erkennbar ist, dass sie stattfinden – noch behaupten können, sie könnten sich nicht vorstellen, dass Menschen dazu überhaupt fähig sind; deren Beitrag zu ihrer Gesellschaft auch darin liegen kann, dass sie – wie wiederholt im Laufe unserer Menschheitsgeschichte geschehen, weil Menschen mit zunehmendem Alter weniger lernbereit sind – schweigend dazu beitragen, dass aus wenigstens scheinbar demokratischen Verhältnissen immer wieder Diktaturen werden, auch wenn die Pläne dafür ganz offen auf dem Tisch liegen.

 

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Dank für das Foto gebührt Volodymyr Hryshchenko (auf Unsplash)!

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