Leben und leben lassen – alles zu seiner Zeit oder auf ihrem Platz

Mein zukünftiges Wild-Nutzgartenprojekt

Ich habe in meinem Leben gelernt, dass es sich für mich nicht rechnet, um alles zu kämpfen, was ich eigentlich gerne hätte.
Für mich sind viele Kosten – sei es Geld oder Energie, manchmal auch Zeit – oder Kollateralschäden für andere bei näherer Betrachtung entweder zu hoch oder der Nutzen für mich zu gering, als dass ich alles, was ich vielleicht anfänglich für erstrebenswert halte, auch lange weiter verfolge.
Das Leben bietet einfach zu viele andere Möglichkeiten.

Aber es gibt natürlich so einiges, was mir wirklich wichtig ist, was mir am Herzen liegt, für das ich bereit bin, so gut wie alles in Kauf zu nehmen. Aber mein Herz gehört nicht allein den Menschen oder Tieren, und schon gar nicht allein ein paar einzelnen unter ihnen.
Das macht mir das Leben nicht gerade einfach; denn: Ich kann es nicht allen Recht machen und schon gar nicht kann ich alle vor Leid und Tod retten, also am Leben erhalten und für sie sorgen.
Ich muss Entscheidungen treffen in meinem Leben; viele, die mir heute – nach 44 Jahren Leben auf dieser Erde – leicht fallen und immer wieder auch schmerzhafte.

Auch wenn die Natur im Grunde ein Paradies ist – das Leben an sich kostet niemanden etwas: alle dürfen kostenlos atmen, können kostenlos Regen- oder Quellwasser trinken, sich kostenlos von dem ernähren und das nutzen, was die Natur so bietet …

Hier hört das Paradies für diejenigen auf, die das, was sich anderen geradezu anbietet, mit viel Liebe und Herzblut oder körperlicher Anstrengung und viel Zeitaufwand produziert haben, um selbst damit über- oder davon leben zu können.
Hier hört das Paradies für diejenigen auf, die sich nicht wehren (können), wenn man ihnen das, was sie selbst zum (Über-)Leben brauchen, wegnimmt.

In meinen Augen gehen viele Menschen schon sehr lange viel zu weit damit, was sie allein für sich beanspruchen, also damit anderen wegnehmen, mit denen sie nicht teilen wollen.
Ich möchte den Platz, den ich beanspruche, auch gerne mit anderen teilen, solange ich notfalls auch einmal ein Plätzchen für mich finde, an dem ich meine Ruhe haben kann. Aber dafür brauche ich nicht viel Platz. Dazu reicht es mir, wenn ich in die Natur gehen oder bei schlechtem Wetter mit geschlossenen Augen allein in einen kleinen Raum setzen kann. Allein sein mit sich selbst sein, indem sie die Augen schließen und Ruhe finden können Menschen von klein an eigentlich fast überall – wenn es ihnen nicht ausgetrieben wurde, sie es sich unbewusst neu angewöhnt oder mit Bewusstseinsübungen antrainiert haben.

Deshalb brauche ich auch keinen Garten, in dem ich mich erholen und zur Ruhe kommen kann, der einfach nur hübsch aussieht oder in dem ich nach meinen Wünschen anpflanze, was außer mir so gut wie niemandem etwas nützt.
Ich brauche möglichst viel Natur in meinem Leben – auch wenn Natur nicht immer nur schön für meine Augen aussieht.
Ich möchte mich möglichst natürlich ernähren – auch wenn ich weiß, dass unsere Gartenfläche dazu nicht ausreichen wird, wenn ich einfach das sein lasse, was von Natur aus dort wächst, um meine täglich benötigte Kalorienzufuhr zu sichern.

Ich muss deshalb Kompromisse für mich und viele andere Arten von Lebewesen finden, mit denen ich leben will und guten Gewissens leben kann.
Deshalb sammle ich fleißig Informationen, Argumente und Gegenargumente, für mich und meine Herzensangelegenheiten, also auch für die vielen anderen Bedürfnisse, die ich berücksichtigen möchte.

Für mich gibt es gewichtige Argumente, unseren Garten möglichst anti-autoritär, also naturnah und biodivers zu gestalten; mit möglichst vielen blühenden Wildkräutern und -gemüsen. Ich weiß, dass Ökosysteme auf Dauer nur gut alleine – ohne dass man eingreifen und nachkorrigieren muss, damit sie nicht komplett zusammenbrechen – funktionieren können, wenn möglicht viele unterschiedliche Arten an ihnen beteiligt sind, sich also nicht wenige zu stark ausbreiten und andere nicht einmal das kleinste Plätzchen zum Leben finden.

Für mich gibt es gewichtige Argumente, möglichst viele Kalorien aus möglichst vielen unterschiedlichen Gemüsepflanzen und Früchten zu gewinnen; ich möchte mir den Gang zum (Super-)Markt oder Lebensmittelladen so oft wie möglich ersparen, weil es selbst dort für mich immer schwieriger wird, etwas zu finden, was produziert wurde, wie ich mir das wünschen würde.

Für mich gibt es gewichtige Argumente, dass ich mich wohl bei der Gartenarbeit fühle; dass es dort also sowohl schön als auch übersichtlich für mich ist; ich mag die natürliche Ordnung der Natur, das, wie Dinge sich von Natur aus ordnen, wenn man ihnen nur genug Zeit gibt.
Leider behindern sich meine Argumente an einigen Stellen gegenseitig, so dass ich immer wieder neu abwägen muss, was mir gerade wichtiger ist.

Momentan ist mir wichtig, möglichst wenig einkaufen gehen zu müssen – weil mir Menschen, die sich Masken vor ihren Mund und ihre Nase setzen, weil ihnen das jemand, den sie nicht einmal persönlich kennen, mit fadenscheinigen Argumenten verordnet hat.
Momentan ist mir wichtig, meine Lebensmittelversorgung möglichst unabhängig vom Gang zu Lebensmittelhändlern zu machen, die mir nicht einmal sagen können, wo und wie das, was sie verkaufen, eigentlich genau produziert wurde.
Momentan ist mir wichtig, auf Erfahrungen von Menschen zurückgreifen zu können, die selbst naturnah und nach möglichst ökologisch-biologischen Richtlinien (nicht nur denen, die zu gesetzlichen Vorgaben gemacht wurden)

Ich habe selbst in den letzten beiden Jahren eigene, schöne Erfahrungen machen und Ernteerträge genießen dürfen, aber auch schmerzhafte Verluste aufgrund eigener Nachlässigkeit eingestehen müssen.
Wir haben uns jetzt zwei Jahre Zeit gelassen, aus Rasen eine Anbaufläche zu schaffen, Beete und eine große Kompostfläche anzulegen, eine Wildwiese entstehen zu lassen, ein Regenwasser-Sammelsystem zu entwickeln, ein Erdgewächshaus, Ruhe- und Gemeinschaftszonen und einen Brunnen in Erwägung zu ziehen oder fest zu planen.
Ich habe mir Zeit genommen, um zu beobachten und so wenig wie möglich einzugreifen, um zu wissen, wo ich ab jetzt härter durchgreifen muss, wenn ich nicht zulassen möchte, dass sich einige Arten immer wieder an denselben Stellen zu stark oder immer weiter ausbreiten.

Ich bin Lebenswissenschaftlerin und ich kann recherchieren, weiß also, wo ich Informationen finde, die ich brauche. Ich weiß schon, vor allem Dank vielfältiger, zum Teil auch schon sehr alter Literatur und toller Menschen, die sich für Wildpflanzen- und Naturgärtenprojekte engagieren, welche Pflanzen welche Standorte bevorzugen – welche Böden, welche Nährstoffe, wie viel Sonne oder Schatten sie brauchen. Ich weiß, welche sich gerne selbst aussäen, welche sich lieber über ihre Wurzeln ausbreiten und welchen ich immer wieder einen eigenen Platz bieten muss, um sie von Hand anzupflanzen. Ich weiß, welche Pflanzen sich gut miteinander „vertragen“, welche sich aufgrund ihrer Inhaltsstoffe gegenseitig Schädlinge vom Hals halten und welche sich gegenseitig im Wachstum behindern. Ich weiß, dass vor allem „neue“ Sorten, die viele Erträge versprechen, für mich Mogelpackungen sind, weil sie – wie die industriell hochgezüchteten Tierarten – zu stark auf das Wachstum einzelner Organe gezüchtet wurden und zu wenig auf Gesundheit des gesamten Organismus.

Ich kann also aktiv dafür sorgen, dass sich die Arten, die sich gerne vordrängeln und ungehemmt ausbreiten, an bestimmte Grenzen halten.
Ich kann darauf achten, dass die, die besondere Ansprüche haben, die Zeit und Unterstützung zum Wachsen und für ihre Entwicklung brauchen, sie von mir bekommen.
Ich kann ein Auge haben auf alle Anzeichen, auch „Schädlinge“, die darauf hinweisen, dass Pflanzen geschwächt sind, ihnen also etwas fehlt oder sie an ihrem Standort zu viel Stress ausgesetzt sind.

Ich habe noch kein fertiges Bild unseres Gartens vor Augen; aber ich kann kreativ sein, wenn ich etwas will.
Ich spüre, dass meine Begeisterung dafür mit jedem Tag ein wenig wächst, wenn ich morgens meine etwas 100 Tomatenpflanzen – ich glaube, ich habe schon erwähnt, dass ich ein wenig zu pessimistisch hinsichtlich des Keimungserfolges bzw. auch mit dem Gedanken ausgesät habe, Pflanzen zu verschenken oder zu tauschen – mit Licht und Wasser und Aufmerksamkeit versorge, die ich ihnen in den letzten Jahren noch nicht geschenkt habe.

Liebe wächst zusammen mit Achtsamkeit, dessen bin ich überzeugt. Liebe und Begeisterung sterben, genau wie kleine Pflänzchen, wenn sie vernachlässigt werden, wenn sich Menschen ihrer Anwesenheit zu sicher sind und übersehen, dass sie genährt werden müssen, was wirklich für sie getan werden müsste, weil ihnen etwas Überlebenswichtiges fehlt, sie also immer mehr verkümmern. Auf der anderen Seite kann man auch zu viel auf etwas oder andere achten und dabei anderes oder sich selbst übersehen.
Ich persönlich habe gelernt,

  • dass im Grunde ohnehin jede/r macht, was er/sie möchte und wovon er/sie selbst überzeugt ist – auch wenn er/sie vorher von anderen manipuliert wurde und gegen die eigenen Überzeugungen handelt;
  • dass gar nicht alle dasselbe möchten, weil sie andere Erfahrungen in ihrem Leben gemacht, andere Voraussetzungen und andere Bedürfnisse haben;
  • dass jede/r eigene Lösungen für die Probleme finden kann, die sich ihm/ihr unter bestimmten Lebensbedingungen bieten – je nachdem, was er/sie schon weiß, schon kann, noch lernen oder erreichen möchte und dafür zur Verfügung hat.

Ich weiß, dass es auch schön war, in einer ruhigen, gemütlichen Ecke zu sitzen und einfach auf etwas Grünes schauen zu können. Gegeben hat es mir aber nur solange etwas, solange ich dort auch saß.
Ich weiß, was ich aus unserem Garten machen möchte: Er soll ein Teil unseres Lebens sein, aber nicht nur zu unserem Leben, sondern auch zum Leben möglichst vieler anderer Lebewesen möglichst unterschiedlicher Art – ob Mensch, Tier oder Pflanze – beitragen und die Dinge wieder für etwas oder jemanden nützlich sein, die für mich Überschuss oder Abfall bedeuten .
Und ich weiß zum Glück auch, dass ich kreativ und ausdauernd sein kann, wenn ich etwas erreichen möchte.
Ich bin am richtigen Ort und ich habe Zeit.

P.s.: Ich tue ja seit einem Jahr mein Bestes, um darauf aufmerksam zu machen, dass es in der „Coronakrise“ nicht wirklich um die Gesundheit der Bevölkerung, die vorher schon anfällig für Lungenentzündungen, oder die Entlastung des Gesundheitssystems geht, das vorher schon überlastet war; aber so langsam wird es spannend! Wie lange lassen sich die Menschen wohl noch zurückdrängen, wann ist der Zeitpunkt gekommen, und an welchen Orten wird der politische Widerstand zuerst stark, der sich (noch) für das Leben der Menschen verantwortlich fühlt und nicht einfach zusieht, wie „unsere Mutti“ eine angebliche Virengefahr ausnutzt, um willkürlich – nicht im Interesse ihrer BürgerInnen, sondern im Interesse von Banken und Großkonzernen – dieses Land zu regieren.
Für mich war schon länger klar, dass sie wie viele andere Menschen ihrer Generation erst zufrieden ist und leben kann, wenn andere für sie arbeiten und ihr so ihr Leben ermöglichen. Manche Menschen ertragen – weil sie selbst in ihrem Leben oft unterdrückt und ihre Bedürfnisse übergangen wurden – nicht oder schlecht, andere so leben und arbeiten zu lassen, wie die das selbst gerne möchten, um damit zufrieden leben zu können.
Ich vertraue darauf, dass die Zeit der Kontrollsüchtigen vergehen wird, wenn sie feststellen, dass es sich auch entspannter leben lässt: wenn Menschen nicht mehr versuchen, alles im Leben von groß(kotzig)en Unternehme(rInne)n absichern zu lassen, die schön klingende Sicherheitsversprechungen machen, oder allen nicht vorhandenen Hindernissen oder Gefahren schon vorher aus dem Weg zu gehen versuchen, sondern sich stattdessen lokale Netzwerke aufbauen mit Menschen, die versprechen, sich im Notfall gegenseitig zu helfen, um etwas hin und wieder auch einfach mal darauf ankommen zu lassen, weil man Vertrauen zu diesen Menschen gewonnen hat.

 

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