Ist Konservierung sinnvoll zur Arterhaltung?
Weil ich mich ja täglich weiterbilde, ist mir heute Morgen bewusst geworden, dass es sehr unbedacht ist, in der Natur generell davon zu sprechen, dass nur diejenigen Individuen überleben, die am Besten an ihre natürlichen Lebensbedingungen angepasst sind oder so kreativ, die Lebensbedingungen nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Am Ende dürfen immer nur so viele Individuen überleben, dass Populationen nicht zu groß werden. Sie dürfen ihre Nahrungsgrundlagen nicht verlieren und ihren Lebensraum nicht über-besiedeln, weil dann Krankheiten um sich greifen. Viren und Bakterien sorgen schon immer dafür, dass Arten oder Populationen, die sich zu stark vermehrt haben, „zusammenbrechen“, damit hinterher wieder ein gesundes Gleichgewicht zur Mitwelt hergestellt werden kann.
Vielleicht „opfern“ sich aber z.B. auch im Tierreich viel mehr „Besser-Angepasste“ als wir uns vorstellen können für ihre schwächeren Artgenossen, wenn sie feststellen, also am eigenen Leib erfahren, dass nicht genug Nahrung oder Platz für alle da ist?
Wissenschaftlich ausgeschlossen ist das nicht; das einseitige Bild von Evolution als stetiger „Weiter-“ oder „Höherentwicklung“ darf also in Frage gestellt werden. Nur weil unser Gehirn so komplex und wir Menschen die kreativsten Geschöpfe sind, ist es in meinen Augen anmaßend, uns als „die Besten“ oder „Vernünftigsten“ zu bezeichnen.
Es ist offensichtlich, dass „unvernünftig“ handelnde Menschen, die keine oder wenig Rücksicht auf andere und die Natur, also ihre Lebensgrundlage, nehmen, und Menschen, die ohne technische Hilfsmittel, Medikamente, angelieferte Nahrungsmittel und andere alltäglich notwendige Produkte oder sonstige Unterstützung gar nicht überleben könnten, zahlenmäßig immer mehr zunehmen.
Es ist ein nobler Gedanke, jedes einzelne Leben oder ganze Arten retten zu wollen, die sonst aussterben würden, also ohne fremde Hilfe zum Sterben „verurteilt“ sind.
Es tut gut, anderen etwas Gutes tun zu können.
Es beruhigt – wenn man es als einzelner Mensch für aussichtslos hält, die Welt wenigstens ein bisschen besser zu machen -, andere, die behaupten, genau das zu tun, zu unterstützen.
Tier-, Naturschutz- und andere Hilfsorganisationen verdienen viel Geld damit; die Medien sind voll von ihren Spendenaufrufen und „Erfolgsstories„.
Es ist gleichzeitig in den allermeisten Fällen eine kurzsichtige oder eigennützige, falsch verstandene Natur-oder Tierliebe.
Viele Menschen ignorieren oder wissen tatsächlich nicht, dass Tiere und Pflanzen auch einen passenden Lebensraum brauchen, in dem sie artgerecht leben können; dass es also keinen nachhaltigen, ökologischen „Nutzen“ hat, sie in künstlichen Lebensräumen zu erhalten oder sie grenzenlos künstlich „nachzuproduzieren“, ohne dafür zu sorgen, dass auch ein natürlicher Lebensraum für sie vorhanden ist oder geschaffen wird, oder darauf zu achten, wie gesund und (über-)lebensfähig sie in dem ihnen angedachten Lebensraum anschließend auch tatsächlich sind.
Es gibt genug Vorerfahrungen dazu; Menschen müssen also das Rad nicht immer wieder neu erfinden und immer wieder neue „Kollateralschäden„, also viel Leid und Tod, vor allem bei ihrem „Züchtungswahn“ zu verursachen – dem oft jede Vernunft fehlt, mit dem sich aber Geld verdienen lässt.
Lebensräume verändern sich mit der Zeit, weil unser Klima sich seit jeher verändert, und alle Lebewesen, Tiere wie Pflanzen entwickeln sich zusammen mit ihrer Umgebung weiter, passen sich bestmöglich an oder sterben manchmal aus.
Viele Menschen versuchen, alle zu retten, die ihnen leid tun – oft ohne zu erkennen, wie sie selbst zu deren Leid beigetragen haben und täglich weiter dazu beitragen.
Viele Menschen können sich schlecht abgrenzen von dem, was sie nicht ändern können, und schlecht loslassen, was längst verloren ist.
Viele Menschen versäumen es aber gleichzeitig, zukünftiges Leid zu vermeiden, indem sie ihr Verhalten und Leben ändern.
Menschen können schlecht langfristig zu denken. Viele Menschen können nicht ökologisch denken. Viele wollen gar nicht darüber nachdenken, dass sie auch Leid und Zerstörung verursachen.
Viele Menschen können nicht akzeptieren, dass die Natur sich immer wieder ihre eigene Ordnung schaffen wird, vielleicht irgendwann ganz ohne uns Menschen. Sie wird sich nie von uns kontrollieren lassen.
Menschen haben bereits enorme Schäden auf unserer Erde angerichtet, gentechnische „Monster“ und Qualzüchtungen geschaffen bzw. in künstlichen Umgebungen natürliche Arten zur „Erhaltung“ vermehrt, in der Hoffnung, sie an ihren ursprünglichen oder einen neu geschaffenen Lebensraum zurückkehren lassen zu können.
Selbst die Menschen werden häufig künstlich gezeugt oder zur Welt gebracht und zu Erwachsenen „herangezüchtet“, die kaum mehr Bezug zu unserem natürlichen Ursprung haben und am Besten gar nicht darüber nachdenken sollen, was sie verloren haben, um nur noch nach dem streben, was ihnen andere Menschen vorgeben.
Wir haben es immer wieder so weit kommen lassen, dass Menschen zu Unmenschen geworden sind.
Wir gehen immer wieder viel zu weit – vor allem, um das in Gewahrsam zu halten, was sich gar nicht mehr lohnt, bewahrt zu werden – wenn wir als Art überleben, als Menschen weiterhin auf dieser Erde leben möchten.
Statt weiterhin zu viel zu konservieren wäre vielleicht ein vernünftiger Konsens darüber notwendig, worauf wir uns zukünftig konzentrieren und konditionieren könnten.
Wenn wir aufhören, Zuchtprogramme zu betreiben und unsere Mitwelt so gestalten zu wollen, wie wir sie haben wollen, und uns stattdessen an die Arbeit machen, uns so nachhaltig naturfreundlich zu verhalten, wie wir müssten, damit nicht noch mehr Arten vom Aussterben gefährdet werden, hätten wir sogar die Chance, noch zu lernen, wie sie wirklich – in freier Natur, also nicht nur konserviert oder in Gefangenschaft – sind: ein Teil unserer Wirklichkeit und somit auch ein Teil von uns.
Es ist aussichtsvoller, bei sich selbst anzufangen statt nur die Welt verändern zu wollen.
Das wird sie dadurch automatisch tun.
Und gemeinsam könn(t)en wir sogar Freude daran haben oder uns gegenseitig über Verluste hinwegtrösten.
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Dank für das Foto gebührt Mathias Csader!
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