Wer laut wird, lügt
Und auch: Über wortlose Kommunikation
Als Lebenswissenschaftlerin beschäftige ich mich nicht nur mit dem, was ich beobachten kann, sondern natürlich auch damit, was ich höre oder selbst so von mir gebe und fühle.
Wir Menschen werden oft als Augentiere bezeichnet, die die Welt in erster Linie danach beurteilen, was sie sehen; die z.B. vor allem auf Aussehen und Körpersprache anderer Menschen und Lebensformen achten, also die größten Datenmengen visuell aufnehmen.
Ich weiß nicht, ob die, die das behaupten, selbst extrem kurzsichtig sind, oder ob diese „Erkenntnis“ gezielt in die Welt gesetzt wurde, um Menschen zu lenken und ihnen das Vertrauen in ihre anderen Sinne zu nehmen.
„Der erste Eindruck zählt.“
„Kleider machen Leute.“
Von diesen Glaubenssätzen – oder Werbeslogans? Oder Propaganda? – lassen sich viele Menschen offensichtlich immer noch beeinflussen.
Dabei sind Lebewesen so viel mehr als ein sichtbares Äußeres.
Vor allem das, womit sie kommunizieren – Laute, Stimme und Sprache – sagt enorm viel über sie und das, was sie gelernt haben, also wissen und umsetzen, aus. Menschen, aber auch Tiere, die besonders laut werden,
- sind entweder besonders aufgeregt – begeistert oder in Bedrängnis (weil andere nicht verstehen, was sie sagen wollen, oder ihnen Argumente ausgehen);
- haben nicht gelernt, ruhig zu kommunizieren, also keine anderen Erfahrungen gemacht, um sich selbst Gehör verschaffen zu können,
- sind selbst schwerhörig und denken, dass sie nur gehört werden, wenn sie besonders laut reden.
Wer in sehr unterschiedlich lauten Umgebungen aufwächst, muss – wenn es ihm/ihr überhaupt bewusst wird – erst lernen zu verstehen, was der/die jeweils andere „sagt“, wenn er/sie sehr ruhig oder sogar ganz stumm bleibt. Manche Menschen verzichten gänzlich auf Worte und verzeihen sich trotzdem (verzichten und verzeihen haben übrigens denselben Wortursprung, was mich darauf gebracht hat!); für andere ist es extrem wichtig, reumütige Worte zu hören, um das Verhalten „eines“ Gegenübers zu entschuldigen.
Für mich als Forscherin ist außerdem sehr spannend zu lernen, was man selbst aussagt, wenn man in den Augen anderer „den falschen Ton“ erwischt.
Ich würde heute behaupten, es ist enorm vorteilhaft, manchmal vielleicht sogar überlebenswichtig, wenn man als Mensch nicht nur „zwischen den Zeilen lesen“ kann, sondern auch „zwischen den Worten hören“.
Und ich wünschte, viele, viele Menschen in Deutschland würden aufhören, in erster Linie einfach nur das zu glauben, was in den Zeitungen von Menschen berichtet oder über sie geschrieben steht, sondern ihnen persönlich zuhören und darauf achten, was sie wirklich sagen bzw. zu sagen haben.
P.s.: Mein aktueller Erkenntnisstand, also für den Moment mein lebenswissenschaftliches Fazit:
- Wer unnötig laut wird, belügt in erster Linie sich selbst – indem er/sie entweder denkt, „das“ Gegenüber wolle, müsse oder könne ihn/sie anders nicht verstehen, also die immer gleichen Argumente müssten nur immer lauter ausgesprochen werden, oder er/sie würde selbst die Wahrheit sagen, während andere lügen.
- Wer jemandem einfach nur die Meinung sagen möchte, kann sich dabei auch gewählt ausdrücken.
- Wer schweigt, tut das nicht immer, weil er/sie Angst oder nichts mehr zu sagen hat.
- Und wer sich nie die Meinung sagen lassen möchte, anderen also komplett „den Mund verbietet“ oder Menschen Mund-Nasen-Masken verordnet, um sie zum Schweigen zu bringen, der/die zeigt damit sehr deutlich, wie viel Wert er auf deren oder freie Meinungsäußerung legt und was er von vielen anderen Menschen hält.
- Wen man sich auf Augenhöhe begegnet und immer wieder dahin zurückholt, kann es aber ein toller Lernerfolg sein oder einfach Spaß bringen, laut werden zu dürfen und hinterher darüber zu lachen, wie viel „unnötige“ Energie man damit verschwendet hat, dass man sich nicht mehr Zeit zum Nachdenken und Ruhige-Worte-Finden genommen hat.
P.p.s.: Immer strengere Maßnahmen verhängen übrigens vor allem Menschen, die sich nicht zuerst mit allen Betroffenen an einen Tisch setzen wollen, um mit vernünftigen Argumenten zu überzeugen, die also – was mit der Zeit auch immer mehr andere feststellen – von Anfang an keine sehr umfassend guten Argumente für ihre Vorgehensweise haben, sondern versuchen, mit „Durchsetzungskraft“ nicht von ihrem eigennützigen Kurs, ihrem Ego-Trip, abweichen zu müssen.
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Dank für das Foto gebührt Icons8 Team (auf Unsplash)!
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