Im Moment leben und einfach machen, was man will …
… ist das Motto, das schon lange unsere Natur und mittlerweile immer mehr Beziehungen, Gemeinschaften, im Prinzip die menschliche Gesellschaft und unsere freien Demokratien zerstört
Alles einfach vergessen!
Die Vergangenheit spielt keine Rolle (mehr)!
Wie soll ich denn heute schon wissen, was morgen ist?!
Ja, sie klingen so schön verlockend: diese Worte, die seit Jahren „ausgeschlachtet“ werden, um Menschen glücklich und sogar gesund zu machen. Nicht nur PsychologInnen und andere SeelenklempnerInnen, HeilpraktikerInnen oder sogar ÄrztInnen benutzen sie gerne: mit ihnen lässt sich generell leicht Geld verdienen, weil sie eben einfach gut klingen!
Dass sie einseitig, also „schön geredet“ und kurzsichtig, also nicht gut durchdacht sind, könnte man jedem Kind erklären: Die eigenen schlechten Erfahrung im Leben, die Dinge, die sich als Fehler herausgestellt haben, lassen sich nicht einfach ausblenden; und die eigenen Handlungen haben immer Auswirkungen, für die wir Verantwortung übernehmen sollten.
Die meisten Menschen leben allerdings in einem Paradies, indem diese „Spielregeln“ außer Kraft gesetzt sind!
Sie reden sich das tagtäglich – mit Unterstützung aus Politik, Wissenschaft und vielen unserer Medien – immer wieder selbst und gegenseitig ein.
Allerdings hat jeder Mensch, schon an dem Tag, an dem er/sie das Licht der Welt erblickt, eine Vorgeschichte, Vorerfahrungen; eine Vergangenheit, die sich nicht leugnen lässt und die Auswirkungen darauf hat, wie er/sie sich weiter entwickelt.
Bio-TechnikerInnen können mir als Biologin so lange erzählen, wie sie wollen, dass sie alles so „hinbekommen“ oder wieder „herrichten“ können, wie „es sein sollte“ – ich habe allerdings täglich vor Augen, dass das haltlose Behauptungen sind.
Menschen können mir so lange erzählen, wie sie wollen, dass ihre Vergangenheit keine Bedeutung hat – wenn sie nicht darüber sprechen wollen, sagt es mir, dass sie sie noch lange nicht hinter sich gelassen haben.
Menschen werden ihr Immunsystem nie mit Impfstoffen trainieren, also ausschließen können, dass sie irgendwann an etwas erkranken oder sterben können, gegen das ihr Immunsystem nichts mehr ausrichten kann – wenn sie gleichzeitig ein ungesundes, zu steriles Leben führen, ungesund essen, sich zu wenig oder einseitig bewegen, zu wenig oder zu viel schlafen, zu oft oder zu selten alleine mit sich sind, sich zu viel oder zu wenig alleine mit sich selbst beschäftigen oder intensiv auseinandersetzen.
Es wird nie Pillen gegen zukünftiges Unglück geben.
Mich wundert nicht, dass es so viele kranke und unglückliche Menschen gibt; dass unsere Welt so ist wie sie ist.
Mich wundert nur, dass so viele immer noch versuchen, einfach durchzuhalten, bis die „aktuelle Krise“ für beendet erklärt wird; damit sie wieder ein „normales Leben“ führen, in ihr altes Leben zurückkehren können.
Menschen sind eben von Natur aus EnergiesparerInnen, also bequem.
Menschen lieben Sicherheiten und wählen vornehmlich das schon Bekannte statt immer wieder etwas anderes auszuprobieren.
Menschen fahren sich mit zunehmendem Alter in bestimmte Gewohnheiten ein und verlieren dabei die Übung, sich immer wieder auf Neues einzulassen.
Neues zu lernen erfordert immer Zeit und einen Energieaufwand.
Trotzdem stecken vor allem die Älteren unter uns einen unglaublichen Energieaufwand in die Erhaltung dessen, was sie einmal – auch „nur“ gedanklich – aufgebaut haben.
Macht Euch mal locker!
Lasst endlich los, was sich nicht mehr lohnt festzuhalten! Lernt lieber Achtsamkeit, also Bewusstsein für den Moment und für Euch, für Eure Erfahrungen, Fähigkeiten, Besonderheiten, Bedürfnisse und Wünsche; und gebt schlechte Gewohnheiten und Ziele auf, die Ihr nie erreichen könnt – weil sich Zeiten einfach ändern. Die Welt dreht sich innerhalb des sich ausbreitenden Universums weiter, wie sie will, wenn wir sie lassen, und das Wetter ändert sich unvorhersagbar, weil wir nie umstande sein werden, alles im einzelnen zu verstehen und zu kontrollieren, was darauf Einfluss nimmt.
Wir können die Zukunft tatsächlich nicht voraussagen.
Aber wir könnten absehen, welchen Schaden wir mit dem anrichten, was wir tun – in der Natur, einem zusammenhängenden Ökosystem, also auf der ganzen Welt, und auch bei anderen Menschen.
Wir haben schon genug angerichtet.
Lasst uns doch lieber irgendwann mal alle gemeinsam ein zukunftsfähiges, umfassend durchdachtes und auf Nachhaltigkeit geprüftes, neue Motto überlegen und demokratisch darüber abstimmen!
Sowas wie: Wir versuchen uns bestmöglich mit dem abzufinden, was wir nicht oder schlecht ändern können, also uns mehr darauf konzentrieren, uns entgegen zu kommen und – aneinander oder situationsabhängig – anzupassen statt vorher schon zu beschließen, dass wir alle machen werden, was wir wollen; gleichzeitig werden wir aber nicht mehr zulassen, dass wir uns mit den Dingen abfinden müssen, die im Prinzip die meisten ohnehin gerne ändern würden; wir werden vor allem die Dinge tun, die den meisten Freude bereiten statt die, die kaum jemandem Spaß machen; und am Ende müssen wir uns zukünftig viel mehr Zeit nehmen, darüber miteinander, generationenübergreifend, zu reden und zu diskutieren; auch wenn wir gedacht haben, es wäre alles schon gesagt, besprochen und geklärt worden.
Ich bin definitiv schon lange (gesprächs)bereit dafür.
P.s.: Ich bin zwar froh über die Eindrücke, die ich 2016 aus Nicaragua mitbringen durfte, obwohl ich gar nicht wusste, was ich da eigentlich soll (außer einen Naturfotografen dorthin zu begleiten); aber ich hatte – bis zu diesem „Krisen-Herbst“ – seit Jahren tatsächlich überhaupt nicht mehr das Gefühl „Ich brauch‘ eine Auszeit und Urlaub!“ Mein Eindruck ist eher, dass sich Menschen in ihrem Leben selbst immer wieder so sehr unter Druck setzen (lassen) und gegenseitig extreme Zwänge auferlegen, also Probleme machen, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, dass sie dann zum Ausgleich extrem viel Freiheit und Entspannung brauchen, womit sie nicht nur sich selbst oft neue Probleme schaffen. Hört also doch bitte möglichst auf, liebe Mitmenschen, nichts zu sagen, wenn jemand versucht, Euch zu etwas zu zwingen, was Ihr gar nicht (verantworten) möchtet. Wenn Ihr es schon nicht schafft, Euch selbst zu befreien, dann leidet wenigstens nicht stillschweigend und hofft, dass jemand Mitleid mit Euch hat und Euch rettet! Und Ihr, liebe Mächtigen dieser Welt, liebe GesetzesgeberInnen und MarktführerInnen, hört auf, uns Eure „großartigen“ Ideen aufzuzwängen – man könnte über alles auch erst einmal mit den Menschen reden, über deren Leben Ihr über deren Köpfe hinweg entscheiden wollt!
P.p.s.: Weder die schönsten Wege noch die entferntesten Ziele, ausgefallensten Freizeitaktivitäten oder neuesten technischen Errungenschaften können die bedeutendsten Momente im Leben der Menschen ausmachen – es sind immer die anderen Menschen, die dabei sind, oder die Tiere oder besondere Pflanzen oder Wasser, das Lebewesen beheimatet, oder „tote“ Naturlandschaften, die von der Geschichte des Lebens erzählen, oder Kunstwerke, die Menschen geschaffen haben; manchmal auch Pilze oder Mikroorganismen, die uns daran erinnern, wie wertvoll unser Leben ist.
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Dank für das Foto und viele lehrreiche, nicht nur schöne Erfahrungen in Nicaragua gebührt Mathias Csader!
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