Zeit, zur Natur zurückzukehren!
… Zumindest für mich an dieser Stelle, nachdem mich der Konflikt unserer Zivilisation mit einem natürlichen Corona-Virus schon viel zu lange fast ausschließlich beschäftigt und von meinen eigentlichen Herzensthemen abgelenkt hat!
Dass ein „zurück zu mehr Natur“ im Sinne eines längerdauernden Lockdowns der Industrie und Wirtschaft zwar auch für die Gesundheit vieler Menschen hilfreich sein und viele zukünftige Kranke vermieden und deren dadurch verursachter frühzeitiger Tod verhindert werden könnte/n, das haben verschiedenste Beobachtungen während der letzten Wochen zwar gezeigt (v.a. zur verbesserten Luftqualität)… Aber wenn Menschen einfach aufhören würden, gesundheitsschädliche Industrien und eine gesundheitsschädliche Marktwirtschaft anzutreiben, wofür bräuchten sie denn dann noch ein milliardenschweres Gesundheitssystem oder eine Regierung, die Hand in Hand mit Unternehmen arbeiten kann, um das alles am Laufen zu halten? Was sollen sich Menschen dann bloß einfallen lassen, um sich die Zeit zu vertreiben? Etwa wieder mehr eigenverantwortlich, auf sich alleine und die eigenen sozialen Netzwerke gestellt, also vor allem mit Unterstützung der Menschen im direkten persönlichen Umfeld gemeinsam leben? Wie altmodisch und „fortschrittsfeindlich“ ist das denn – ich weiß! Wenn sich die Menschheit weiterentwickeln will und gleichzeitig die Wirtschaftsleistung mitwachsen soll, muss sie eben natur- und gesundheitsschädigende, ressourcen- und energiefressende, menschenverachtende Entwicklungen weiter vorantreiben…
Trotzdem verhalte ich persönlich mich schon seit längerer Zeit wieder mehr „rückständig“ und greife möglichst viel auf altbewährte „Weisheiten“ (natürlich kein Wissen im wissenschaftlichen Sinne!) und Methoden (u.a. Ernährungsformen) zurück, die es nicht als fertige Produkte zu kaufen gibt. Obwohl in meinen Augen früher definitiv NICHT alles besser war: dass Menschen irgendwann einmal in unserer Menschheitsgeschichte nichts kaufen MUSSTEN und die volle Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen DURFTEN, macht diese „alten Zeiten“ in meinen Augen in vielem verlockender als unser „modernes Leben“. Mir erfinden Menschen heute das Rad zu oft neu und jedes Mal eher komplizierter als einfacher; es werden ständig neue, zusätzliche Abhängigkeiten (an spezielle Produzenten, Hersteller) geschaffen, unnötig viele, z.T. nicht- oder kaum-erneuerbare, Ressourcen verbraucht und oft nicht einmal Ideen entwickelt, wie und wo alle dabei entstehenden Abfälle recycelt oder entsorgt werden sollen. Vielleicht habe ich viele weitere Nachteile noch gar nicht bedacht!
Weil ich mich schon lange so gut wie rein pflanzlich ernähre, habe ich jedenfalls irgendwann angefangen, mein pflanzliches Nahrungsspektrum um heimische Pflanzen(teile) zu erweitern. Das Obst-, Gemüse-, Gewürze- und Kräuterangebot im Supermarkt bietet ja in erster Linie Produkte, die sich für den Großmarkt eignen, die also haltbar gemacht oder zumindest eine Zeitlang gelagert werden können, ohne zu viel ihres ursprünglichen Aussehens (auf Aroma kommt es heute anscheinend oft gar nicht an…) zu verlieren. Da können viele heimische, regionale und saisonale, Wildpflanzen mit ihren zarten Blättern und Blüten oder ihren mickrigen Wurzeln nicht mithalten. Wer darauf aus ist, zu erfahren, wovon sich unsere Ahnen ernährt haben, bevor gezüchtete Nutzpflanzen begonnen haben, ihre Teller fast komplett einzunehmen, für den/die heißt es (falls es nicht zufällig eine Kräuterfrau oder einen Kräutermann in der Nähe gibt, die/der für den Verkauf sammelt): selbst auf die Suche gehen und pflücken, oder selbst ein paar wilde Pflanzenarten in Töpfen oder im Garten aussäen bzw. anpflanzen.
Jahrelang habe ich es geliebt, (Wild-)Kräuter und -Früchte oder auch Pilze sammeln zu gehen, habe mich auf die wenigen Wochen der Bärlauch-, Brunnenkresse, Brombeer-, Holunderernte gefreut oder im Bekanntenkreis geholfen, der Tomaten-, Zucchini-, Paprika-, Kirsch- oder Quittenschwemme Herr zu werden. Vor 2 Jahren habe ich dann mit meinem Liebsten begonnen, mehr als 100 m2 Rasenfläche wieder in bepflanzbare Erde umzuwandeln … Immer noch etwa ein Drittel der Fläche liegt brach, seitdem wir den Rasen abgetragen haben, und zeigt immer mehr Wildwiesencharakter, mit mehreren Löwenzahn- und Kleearten, Gräsern, Mohn, Beruf- und Johanniskraut, Wegerichen und Ampfer, Hahnenfuß und Disteln, Vergissmeinnicht, Euphorbia und Veronica, Storchschnabel, Nelkenwurz, Hornkraut, Hahnenfuß, Knopfkraut,…; aber ich habe mich mehr oder weniger mit der Idee angefreundet, Gärtnerin zu sein oder vielleicht ja noch zu werden. „Meine“ Erträge sind noch überschaubar: Es gab zwar schon Möhren, Radieschen, Bohnen, Kartoffeln, Tomaten, Paprika, Salat, Rukola, Sauerampfer, Koriander, Petersilie, Schnittlauch, Rosmarin, … aus Eigenanbau; aber vermutlich hätte jede/r erfahrene Gärtner/in die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen angesichts meiner sehr ökologisch ausgerichteten, „extensiven Bewirtschaftungsweise„, durch die alle angebauten Nutzpflanzen-Arten vermutlich stark unter ihren Ertragsmöglichkeiten bleiben mussten. Mir fällt Autorität schwer… Ich gebe anderen, also auch Pflanzen, viel lieber die Möglichkeit, sich frei zu entfalten – deshalb haben in unserem potenziellen Gemüsegarten ziemlich schnell einige (Wild-)Kräuter die Herrschaft übernommen, die immerhin essbare Teile liefern, die ich sehr gerne n der Küche verwende: Blätter (z.B. Giersch, Brennnessel, Löwenzahn, Gundermann, Zitronenmelisse, Rukola, Salbei, Oregano, Pfefferminze, Thymian, Vogelmiere, Waldschaumkraut) oder auch Blüten (Stiefmütterchen, Rotklee, Gänseblümchen, Huflattich), Wurzeln (Nachtkerze), Knollen (Topinambur) und Samen (Fenchel) oder (Sammel-)Früchte (sorry, aber Walderdbeeren, Him- und Brombeeren sind im botanischen Sinne keine einzelnen Früchte!). Satt werden kann man davon leider meistens nicht. Deshalb habe ich dieses Jahr, zusätzlich zu den oben genannten Gemüsesorten und Salat noch Erbsen, Zucchini, Gurken, Kürbis und Mais angezogen, mittlerweile ausgepflanzt und mehr Bohnensorten ausgesät. Außerdem habe ich angefangen, einige Arten in ihre Grenzen zu weisen, also zu viel Nachkommenschaft gnadenlos zu beseitigen. MEIN „gnadenlos“ ruft bei anderen vermutlich nur ein Lächeln hervor – denn ich lasse natürlich von jeder „Unkraut“-Art auch ein paar Individuen stehen, falls ich ihre Rolle in einem gesunden Ökosystem einfach noch nicht verstanden habe und ich irgendwann feststelle, dass sie für irgendetwas (vielleicht als Brutplatz für ein Tier, das mir Schädlinge auf Gemüsepflanzen in Schach hält?) notwendig war. Ich glaube daran, dass eine gesunde Vielfalt auch im Garten möglich sein kann, dass sich dort ein stabiles Gleichgewicht entwickeln kann, dass ich nicht jedes Unkraut entfernen muss, um selbst genug noch genug Nahrung für meinen Haushalt ernten zu können. Ich werde bestimmt berichten, ob ich zu naiv darauf gehofft habe und irgendwann bereue, diesem Wunschtraum so lange gefolgt zu sein, oder ob jede Hürde einfach nur wichtig war, um zu verstehen, wie es letztendlich funktionieren kann: neue Geschmackserlebnisse auf unseren Tellern trotz „Unkraut-„Vielfalt im Garten (die vielleicht „nur“ Insekten, Vögeln und anderen Tieren dient) Kultur und Natur im Einklang!
So wie sie übrigens gerade in unserem Zeitungsrohr am Haus herrscht: gerade ist zum 2. Mal (nachdem mein Liebster vor ein paar Wochen den 1. Einzug vereitelt und ein Nestgrundgerüst entfernt hatte, wir uns aber darauf einigen konnten, dass Hartnäckigkeit belohnt werden muss, weil der Wohnungsmarkt für Rotschwänzchen demnach vermutlich nicht genügend Möglichkeiten für die Familiengründung bietet) ein Rotschwänzchenpaar eingezogen. Ich hoffe, ich kann bald berichten, dass mein Hinweisschild für die Zeitungsboten gewirkt hat (das ich, nachdem vorgestern die erste Zeitschrift davor gesteckt hat, befestigt habe) und dort – wie vor 4 Jahren schon einmal – Jungtiere bis zum Ausflug großgezogen werden konnten.
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